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Fotos fröhlicher Kinder im Schaukasten der nordkoreanischen Botschaft in Berlin
© Lars von Törne, Tsp

Matthies meint: Nordkorea wandelt auf Friedenspfaden. Was nun?

Die Rolle des Weltbösewichts wird frei. Einen Beweis dafür liefert der Schaukasten an der nordkoreanischen Botschaft in Berlin. Eine Betrachtung.

Sagen wir mal so: Was wäre die Welt ohne Nordkorea? Die Dialektik des Bösen lässt die Halbguten einfach viel besser dastehen, gegen dieses Land wirkt jede autoritäre asiatische Demokratur wie die lotusduftende Essenz der Bürgerfreiheit. Und andererseits: Gibt es Schöneres als ein verächtliches „Pjöngjang?“, um dem Kapitalismus Absolution auch für die nächsten hundert Jahre Weltwirtschaft zu erteilen? Das Land ist der absolute Vollpfosten unter den Staaten und hat aus hiesiger Sicht im Grunde nur ein Ziel erreicht: Kaum irgendwo klafft die berüchtigte Schere zwischen Arm und Reich weniger auseinander als dort, das wird bei uns sicher noch zu wenig gewürdigt.

Doch seit den Olympischen Spielen in Südkorea ist da was durcheinandergeraten. Das demonstrative Rumschießen mit Raketen hat aufgehört, die gesamtkoreanischen Eishockeyspielerinnen haben sich nicht gegenseitig massakriert, und am Montag kam nun die Nachricht, Nordkorea habe den USA direkte Verhandlungen über atomare Abrüstung angeboten. Einfach so!

Lächelnde Kinder

Aber warum? Dass Kim Jong-un, der komische Diktator mit der Undercut–Frisur, aus eigenem Ratschluss auf Friedenspfaden wandelt, ist ungefähr so wahrscheinlich wie ein Peta-Funktionär mit Pelzmantel und Schweinebraten. Es könnte sein, dass er kein Geld mehr für Raketen hat und sich teuer verkaufen will. Oder, dass er einfach Angst vor Trump hat, ein starkes Gefühl, das jeder politisch interessierte Mensch weltweit nachvollziehen kann. Oder es handelt sich um eine Serie von raffinierten Finten, an deren Ende das große Kawumm wartet, gegen das auch kein James Bond...

Nein. Denn wir haben den Beweis. Er ist im Schaukasten der nordkoreanischen Botschaft in der Glinkastraße zu finden. Dort, wo über viele Jahre das Ruhmeslied der Partei gesungen wurde, deren Macht aus den Läufen der Waffen kommt, dort, wo Raketen zur Sonne eilten, einer leuchtenden Zukunft entgegen – dort finden wir nun lächelnde Kinder, nicht nur farbig, sondern bunt, der Grauschleier ist weg wie nach einer Vollwäsche mit Ariel. Es fehlt nur noch die Einladung zum Tag der Offenen Tür mit Kimchi und Bulgogi.

Gewöhnen wir uns an den Gedanken! Nordkorea ist auf dem Weg, noch 15 Jahre, dann schicken sie uns Handys und LED-Fernseher und kaufen die Deutsche Bank. Die Rolle des Weltbösewichts wäre frei, vielleicht für Donald Trump? Er muss jetzt eigentlich nur entschlossen zugreifen.

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