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Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un
© KCNA

Gipfel mit Trump und Kim Jong Un: Nordkorea ändert sein Image – die Politik bleibt gleich

Wie sinnvoll ist der Gipfel? Das Treffen zwischen Kim Jong Un und US-Präsident Trump könnte einen Gewinner hervorbringen: Pjöngjangs Machtelite.

Da sind zum Beispiel die Explosionen auf dem nordkoreanischen Atomtestgelände Punggye-ri. Als Beweis seines guten Willens zur Denuklearisierung hatte Nordkoreas Regime die freiwillige Zerstörung seines unterirdischen Testtunnelsystems angeordnet und internationale Journalisten als Beobachter dazu geladen, jedoch keine unabhängigen Experten für Atomtestanlagen. Die Journalisten sandten Ende Mai spektakuläre Bilder mehrerer Explosionen nach Hause, doch nachdem sich der Staub gelegt hatte, stiegen die Zweifel.

Die Internetseite „38 North“ und der Sender CNN berichteten, dass die Explosionen zu gering gewesen sein könnten, um das gesamte Tunnelsystem unwiederbringlich zu zerstören. „Die Tatsache, dass Journalisten angeblich nur 500 Meter von den Explosionen entfernt waren, ist ein guter Hinweis darauf, dass es kleine Sprengungen waren“, sagte ein US-Beamter dem Nachrichtensender CNN, „und die Staubmenge lässt darauf schließen, dass sie recht oberflächlich waren.“ Gut möglich also, dass sich das Atomtestgelände Punggye-ri trotz der Zerstörungen wieder in Betrieb nehmen ließe.

So ist das mit Nordkorea. Auf Show und Propaganda versteht sich das menschenverachtende Regime, das um seinen Diktator Kim Jong Un und dessen Familie einen pseudoreligiösen Personenkult betreibt. Auch nach außen funktioniert das bestens, wie der fulminante Imagewandel Kim Jong Uns innerhalb nur eines Jahres zeigt. 2017 galt der 34 Jahre alte Diktator aufgrund der vielzähligen Atombomben- und Raketentests als der „Irre mit der Bombe“. 2018 aber gibt Kim Jong Un den verantwortungsvollen, Frieden suchenden Staatsmann, der lachend den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In umarmt, mit ihm durch den Wald schlendert und ihm erzählt, wie er seine Frau kennengelernt hat.

Pjöngjangs Imagewandel findet Unterstützung in Seoul

Dieser Imagewandel wird von Nordkorea gesteuert und findet Unterstützung bei dem dialogbereiten südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In. Alles begann mit Kims Bereitschaft, eine nordkoreanische Mannschaft zu den Olympischen Winterspielen im Februar nach Südkorea zu schicken. Am Dienstag wird die Freundlichkeitsoffensive Nordkoreas voraussichtlich mit einem geschichtsträchtigen Höhepunkt belohnt werden: Wenn in Singapur erstmals ein nordkoreanischer Machthaber einen amtierenden US-Präsidenten trifft. Auch könnte Nordkorea einen Friedensvertrag mit Donald Trump unterzeichnen. Beides wäre ein riesiger Erfolg für Nordkorea.

Treffen und Friedensvertrag stehen seit 25 Jahren auf Nordkoreas Wunschliste, doch vorherige US-Präsidenten hatten sich dem stets verweigert. „Bei dem Friedensvertrag geht es nicht um Frieden – der existiert bereits, von Nordkoreas Provokationen einmal abgesehen –, sondern um die Anerkennung und Normalisierung Nordkoreas als eigenständiger koreanischer Staat“, schreibt der Korea-Experte Robert E. Kelly auf Twitter, „das ist ein riesiges Zugeständnis.“

Bislang hat Nordkorea nicht viel dafür aufgeben müssen: ein Atom- und Raketentestmoratorium angekündigt; sich zur Denuklearisierung bekannt – ohne auszuführen, was damit genau gemeint ist; drei US-Amerikaner aus der Gefangenschaft entlassen; ein Atomtestgelände mehr oder weniger erfolgreich zerstört – das war’s. Und genau darin liegt auch die Gefahr des Gipfels.

An der Politik Nordkoreas ändert sich wenig

Nordkorea vollzieht gerade einen Imagewandel, aber keinen substanziellen Politikwandel. So schnell wie der Imagewandel kam, so schnell könnte er auch wieder vorbei sein. Nordkorea könnte ganz plötzlich wieder in den Provokationsmodus umschalten und die Gefahr militärischer Auseinandersetzungen mit den Nachbarländern erneut heraufbeschwören. Zumal das Regime sein gesamtes Atomwaffenarsenal wohl nie – wie von den USA gewünscht – freiwillig aufgeben dürfte, darüber sind sich die Experten einig. Es gilt als Lebensversicherung des Regimes.

Gefährlich ist die Entwicklung auch für einen Teil der nordkoreanischen Bevölkerung. Für jene 80 000 bis 120 000 Menschen, die in den Straf- und Arbeitslagern ums Überleben kämpfen, oder für Abertausende Arbeitssklaven, die fast ihren gesamten in Russland, Afrika, aber auch in Europa erschufteten Lohn an das Regime abtreten müssen. Für sie ist kaum Besserung in Sicht, im Gegenteil die politischen Verhältnisse könnten zementiert werden. „Die Chancen stehen sehr gut, dass das Treffen zu bedeutsamen Erleichterungen der Wirtschaftssanktionen gegenüber Nordkorea führen wird“, schreibt der Nordkorea-Experte Andrej Lankow bei „NK News“.

Doch diese dürften kaum die Situation der Bevölkerung verbessern. „Wie Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Pjöngjang einen bedeutsamen Teil dieser finanziellen Goldgrube umleiten wird“, glaubt Andrej Lankow. In die eigenen Taschen nämlich. Das Gipfeltreffen könnte sich folglich als großer Glücksfall erweisen – für die nordkoreanische Elite.

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