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Man heiratet ja nicht wegen des Geldes. Aber über ein paar Euro mehr hat sich noch niemand gestört, oder?
© dpa

Ehe ist nicht gleich Lebenspartnerschaft: Nichts an Kramp-Karrenbauers Satz ist unlogisch

Annegret Kramp-Karrenbauer provoziert mit einer Bemerkung über die Homo-Ehe. Doch warum die Aufregung über sie? Ehe- und Lebenspartner sind nicht gleich, und die Ehe ist mehr als ein juristisches Konstrukt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Werner van Bebber

Sie hat, gewiss absichtsvoll, eine Frage gestellt: „Wollen wir das?“, fragte Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Ministerpräsidentin des Saarlandes, nachdem sie festgestellt hatte, dass die Ehe in Deutschland „bisher“ als „Gemeinschaft von Mann und Frau“ verstanden werde. Wenn daraus die „Verantwortungsgemeinschaft“ zweier Erwachsener werde, seien „andere Forderungen“ nicht auszuschließen, „etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen“.

Kramp-Karrenbauer hat nur ausgesprochen, was klar sein dürfte

Nichts an diesem Satz ist unlogisch, und Kramp-Karrenbauers Frage könnte als konservativer Beitrag zum politischen Streit über die Homo-Ehe verstanden werden. Stattdessen explodiert die Empörung über der CDU-Politikerin. SPD-Generalin Yasmin Fahimi versteht nicht, „dass eine CDU-Ministerpräsidentin gleichgeschlechtliche Partnerschaften jetzt mit Inzucht und Polygamie gleichsetzt“. Die FDP-Vorständlerin Katja Suding sieht „ein gefährliches Spiel mit bösen Ressentiments und Vorurteilen“. Beide bemerken nicht, dass sie die Anhänger der Vielehe diskriminieren. Die Kanzlerin schweigt, auch wenn das CDU-Programm und die Koalitionsvereinbarung dazu etwas sagen. Das Internet vibriert von Verachtung für und Spott über Kramp-Karrenbauer. Da weiß man, wo gesellschaftspolitisch vorne ist (gleich hinter Fahimi).

An dem Streit zeigt sich weiterer Geländegewinn der politischen Korrektheit. Kramp-Karrenbauer hat mit ihrer Ehe-Definition etwas ausgesprochen, was im allgemeinen Sprachgebrauch klar sein dürfte: Da steht „Ehe“ für vermutlich die meisten der 374 000 Frauen und Männer, die 2013 geheiratet haben, für Verantwortung, für Zusammenhalten, auch wenn es mal mühsam ist, für Familie. Die These sei gewagt, dass sehr viele, wenn nicht die meisten der 374 000 gemeinsam Kinder bekommen und großziehen wollen.

Diese bürgerliche, auf Sicherheit, Zuversicht und die Vorteile von Gemeinsamkeit bauende Lebenseinstellung verbindet Heteros mit vielen Homosexuellen. Diese Erkenntnis verhindert (wie auch das Grundgesetz) die Diskriminierung von homosexuellen Lebenspartnern und Ehepaaren, sie ermöglicht das Adoptionsrecht. Sie begründet nicht, warum es eine „Homo-Ehe“ geben muss.

Das Gleichheitsgebot wird zum Gleichheitsdogma

Ehe- und Lebenspartner sind nicht gleich, und die Ehe ist mehr als ein juristisches Konstrukt. Daran hat Kramp-Karrenbauer erinnert. Das Gleichheitsgebot wird zum Gleichheitsdogma. Das Beziehungsmodell Ehe hat eine Geschichte, eine religiöse und kulturelle, es hat für viele einen persönlichen Wert, es hat immer noch seinen Platz in der Verfassung der Bundesrepublik. Lebenspartnerschaften haben eine andere Geschichte – eher eine Emanzipations- als eine konservative Geschichte. Nur in einer Gesellschaft, die vom Gleichheitsdenken besessen ist, gibt es Motive, die Ehe nicht den Frauen und Männern zu lassen, die sie, etwa in der Hoffnung auf Kinder, eingehen, während die anderen, die sich binden, Lebenspartner werden.

Es sind die Bürgerlichen, für die Kramp-Karrenbauer gesprochen hat. Die Spießer, die sich in ihrer an Kinderkram und Familie orientierten Lebensführung diskriminiert fühlen – im Sinne von „herabgesetzt“ angesichts aller hehren politischen Streitereien im Namen der Gleichheit.

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