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Im Bürgerkriegsland sind seit 2011 mindestens 250 000 Menschen ums Leben gekommen. Außerdem mussten Millionen Syrer fliehen – zumeist vor Baschar al Assads Soldaten und Bomben.
© Abdalrhman Ismail/Reuters

Lösung der Syrien-Krise: Nicht ohne Assad

Die Syrien-Krise bestimmt die Diplomatie bei den Vereinten Nationen. Immer deutlicher wird: Es kann keine Lösung am syrischen Diktator vorbei geben.

Am Montag erst beginnt die Vollversammlung der Vereinten Nationen am East River in New York. Alle Augen sind dort dann auf den US-Präsidenten Barack Obama und den russischen Präsidenten Wladimir Putin gerichtet. Beide sprechen gleich am ersten Tag der Vollversammlung, am Montag ist aber vor allem auch ein bilaterales Treffen zwischen Obama und Putin verabredet. Und alles dreht sich um ein Thema: Syrien.

Doch schon vor Eröffnung der Sitzung war am Wochenende in New York am Rande des Agenda-2030-Gipfels hektische Krisendiplomatie zu beobachten. Neben den amerikanischen, den russischen und den arabischen Akteuren spielte die deutsche Bundeskanzlerin eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt auf Angela Merkels Anraten war das Gespräch zwischen Obama und Putin verabredet worden, hieß es von amerikanischer Seite.

US-Außenminister John Kerry ist am Samstag mit dem iranischen Außenminister Mohammed Zarif zusammengetroffen, am Sonntag sprach er mit seinem russischen Gegenüber Sergej Lawrow. Auf seiner Liste standen noch der pakistanische Premier Nawaz Scharif, der jordanische König Abdullah und der saudische Außenminister. US-Vizepräsident Joe Biden hatte schon mit dem irakischen Regierungschef Haider al Abadi telefoniert.

Angela Merkel genießt beim Treffen der Vereinten Nationen hohen Respekt

Auf dem Terminplan der Bundeskanzlerin standen ebenfalls der pakistanische Premier, zudem ein Treffen mit dem äthiopischen Premier Meles Zenawi. Ein Eintrag in Merkels Liste hatte besondere Bedeutung: ein Gespräch mit dem türkischen Premier Ahmet Davutoglu. Besprochen haben die beiden den Umgang mit Flüchtlingen wie auch die Bekämpfung des „Islamischen Staats“ (IS). Die Türkei muss als Nachbarstaat Syriens und angesichts der vielen Flüchtlinge von dort in ein weiterreichendes Konzept, auf das alle Akteure am Rande der Vollversammlung hinarbeiten, eingebunden werden.

Mit dem Aufbau verstärkter Militärpräsenz in Syrien hat Russland in den vergangenen zwei Wochen eine veränderte Lage geschaffen. In New York wurde am Sonntag ersichtlich, dass es allen Einschätzungen zufolge eine Lösung in Syrien nicht unter Ausschluss des syrischen Diktators Baschar al Assad wird geben können. Assad gewinnt mit Russland einen Verbündeten im eigenen Land. Und Russland tritt dessen ungeachtet als eigenständiger Faktor in den Bürgerkrieg ein.

US-Präsident Obama hat bislang eine Kooperation mit Assad ausgeschlossen. Diese Position wird sich nicht halten lassen. Nach der deutschen Kanzlerin ist inzwischen auch der britische Premierminister David Cameron davon abgerückt, dass es eine Lösung für Syrien nur mit einer Ablösung Assads geben könne.

Im Vorfeld hieß es aus Obamas Umfeld, der Präsident wolle beim Gespräch mit Putin insbesondere Klarstellung dessen einfordern, welche Pläne Russland in Syrien verfolgt. Man heiße eine gemeinsame Bekämpfung des „Islamischen Staats“ willkommen. Und Obama werde auch die Position der USA, man strebe keine Zerstörung des syrischen Militärs an, bekräftigen. Angesichts der zunehmenden Stärke des IS hätten „die USA und Russland sich überschneidende Interessen“. Der obligatorische Nachsatz zur Absetzung Assads fehlte in diesem Zusammenhang auffallend.

Obama und Putin werden ebenfalls über die Ukraine- Krise sprechen. Im Hinblick auf die Dringlichkeit Syriens sind die diplomatischen Kreise in New York allerdings bemüht, die beiden Konfliktherde nicht miteinander zu verbinden. Obamas Sprecher Josh Earnest sagte, das Treffen komme auf eine Anfrage Wladimir Putins zustande.

Entscheidend wird sein, wie Russland und der Westen in einen Dialog finden

Russland strebt ganz erkennbar eine führende Rolle in der Syrien-Krise an. Immerhin ist Assad nicht nur ein wichtiger Verbündeter als regionaler Anker für Russland. Zugleich gewährt das Land damit Russland einen Zugriff auf das Mittelmeer. In diesem Sinn ist auch der Plan zu verstehen, eine militärisch-geheimdienstliche Zusammenarbeit mit Syrien, Irak und Iran zu etablieren. „Wir haben vorgeschlagen, mit den Ländern der Region zu kooperieren“, sagte Putin am Sonntag in einem Interview mit dem US-Sender CBS. „Dabei versuchen wir, eine Art abgestimmten Rahmen zu schaffen“, sagte der russische Präsident. Aus dem Kreml hieß es, man habe die USA vor Bekanntwerden des Paktes informiert. Auch die Türkei, Jordanien und Saudi-Arabien seien in Kenntnis gesetzt worden. Bei seiner Rede vor der Vollversammlung wird Putin am Montag die russische Linie in Syrien präsentieren.

Die USA bemühen sich unterdessen, die eigenen Bündnisse im Kampf gegen den IS zu festigen und neue Strategien zu entwickeln. Die ganze UN-Woche über werden die Außenminister ihre Diplomatie weiterführen. Auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier reist (SPD) zu den Gesprächen an.

Die Türkei ist nach Merkels Angaben besorgt, dass die Kämpfe in Syrien eine neue Flüchtlingswelle auslösen. Nach dem Gespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu sagte sie, dass Deutschland und die Türkei ihre Zusammenarbeit beim Thema Flüchtlinge intensivieren wollten. Damit wolle man zu einer „besseren Kontrolle der Flüchtlingsbewegungen kommen“.

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