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In neuer Rolle. Der Sozialpolitiker Karl-Josef Laumann. Foto: dpa
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Der neue Pflegebeauftragte Karl-Josef Laumann: Nicht Mahner, sondern Kämpfer

Der CDU-Politiker Karl-Josef Laumann betont seine besondere Rolle in der Bundesregierung – und verspricht, unbequem zu sein.

Egal bei welcher Gelegenheit, eines hat Karl-Josef Laumann in den vergangenen Wochen schon mal so ziemlich jedem erzählt. Dass es ihm überaus schwer gefallen ist, nach 23 Jahren sein Abgeordnetenmandat  – bis 2005 im Bund, danach in Nordrhein-Westfalen – aufzugeben. Und dass er dies auf den ausdrücklichen Wunsch der Bundeskanzlerin hin getan habe. Angela Merkel habe ihn gebeten, „eine besondere Rolle in der Bundesregierung“ zu übernehmen. Deshalb, und nur deshalb, ist er jetzt Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium. Und Patientenbeauftragter der Bundesregierung. Und Beauftragter „für Pflege und Demografie“ obendrein – ein Posten, den es bisher noch gar nicht gab.

Besondere Rolle. Im Auftrag der Kanzlerin. Auch bei seinem ersten öffentlichen Auftritt vor Journalisten in Berlin, vier Wochen nach dem Erhalt seiner Ernennungsurkunde, fängt der CDU-Politiker damit an. Und alle verstehen die Botschaft. Da sitzt ein politisches Schwergewicht. Auch ohne Ministeramt. Und dieses wird – „soziales Gewissen der Union“ haben sie den Westfalen früher schon genannt – nicht nur die Interessen der Patienten macht- und kraftvoll vertreten. Sondern nun endlich auch mal die überfällige Pflegereform voranbringen.

Sorge um Hausärzte

Er sehe seine Rolle auch darin, „hartnäckig gegenüber dem Ministerium aufzutreten“, stellte der 56-Jährige klar. Und schlug schon mal Pflöcke ein. Bevor man groß über Patientenrechte nachdenke, müsse man – kleiner Seitenhieb auf den vormaligen Patientenbeauftragten Wolfgang Zöller – eine verlässliche Patientenversorgung sicherstellen. Die fehlenden Hausärzte in ländlichen Regionen bereiteten ihm große Sorge. „Wenn hier nicht bald was geschieht, werden wir Riesenprobleme bekommen.“ Dabei sei es mit mehr Studienplätzen nicht getan, und mit einem niedrigeren Numerus clausus schon gar nicht. „Wenn wir eine Debatte kriegen nach dem Motto ,Dumm wie die Hausärzte’, können wir alles vergessen.“

Vielmehr sei auf die Fakultäten einzuwirken, Ausnahmemöglichkeiten bei den Abiturnoten zu nutzen. Man müsse herausfinden, warum so wenige Studenten in der hausärztlichen Versorgung landen. Es gelte, das Image der Allgemeinmedizin zu verbessern. Hausbesuche bei Patienten könnten an qualifizierte Pflegekräfte delegiert werden. Und auch wenn er die Freiberuflichkeit der Ärzte hochhalte: „Wenn man dafür nicht genug Leute kriegt, muss man andere Formen finden.“ Versorgungszentren, Gemeinschaftspraxen, Jobs auf Angestelltenbasis. Viele junge Ärzte hätten andere Ansprüche an die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, „das müssen wir zur Kenntnis nehmen“.

Nicht nur mündige Patienten

Auch das gern vermittelte Bild vom mündigen Patienten stellte Laumann infrage. Er wünsche sich zwar selbstbewusste Patienten. Die meisten seien aber als Hilfsbedürftige gar nicht in der Lage, ihre Rechte wahrzunehmen. Das Gesundheitssystem funktioniere nicht wie ein normaler Markt, es dürfe „nicht nur auf Effizienz getrimmt“ werden. Und gegenüber den großartigen Fortschritten bei Arzneiversorgung, Medizintechnik und ärztlicher Kunst sei „das pflegerische Element“ inzwischen doch etwas zurückgeblieben.

Bei der Entwicklung des Systems spiele gute Pflege eine zentrale Rolle, betonte Laumann. Es sei „überfällig, dass hier was passiert“. So könne man nicht „das Lied vom Fachkräftemangel“ anstimmen, wenn man examinierten Krankenpflegern im Monat nur 1900 Euro brutto zu zahlen bereit sei. Es sei zwar nicht sein Job, Tarifverträge zu machen. Dennoch finde er, dass eine Pflegekraft „bezahlt werden sollte wie ein guter Handwerker“. Eines seiner ersten Projekte werde es sein, die unterschiedliche Entlohnung von Pflegekräften in Deutschland ermitteln zu lassen.

Auch räumlich auf Distanz

Bei der Pflegereform versprach Laumann, sehr darauf zu achten, dass das Geld „am Pflegebett ankommt“. Gleichzeitig mahnte er, „das System nicht schlechtzureden und jedes Problem zum Skandal zu machen“. In der Pflege arbeiteten viele mit großem Engagement und hohem ethischen Anspruch. Es gehe nun darum, Strukturen und Finanzierung verlässlich zu machen. „Da kommt viel zu auf unser Land.“ Allein mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff, der mit Blick auf die steigende Zahl Demenzkranker kommen müsse, seien die Probleme noch nicht gelöst.

Klare Sache: Als bloßen „Mahner in der Wüste“ will sich Laumann nicht sehen. „In der Wüste hört mich ja keiner.“ Er werde „kämpfen“, verspricht der Beauftragte. Auch räumlich will er Distanz halten zum Minister, seinem Parteifreund Hermann Gröhe. Der Anwalt der Patienten und Pflegebedürftigen sitzt mit seinem Team im früheren Ministerquartier in der Mohrenstraße – abseits von der Zentrale. Die 15 Minuten Fußweg ins Ministerium machten ihm nichts aus, sagt der Staatssekretär. Und ein Symbol ist es auch.

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