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Der AfD-Politiker Martin Hess fiel bei der Wahl im Innenausschuss durch.
© Stefan Puchner/dpa

Umgang mit der AfD im Bundestag: Nicht alles, was legal ist, muss man sich erlauben

Dass eine Mehrheit AfD-Leute vom Ausschussvorsitz fernhält, ist gerechtfertigt. Leider auch das Lamento der Partei, man mache sie so zum Opfer. Ein Kommentar.

Die Wahlen der Ausschussvorsitzenden im Bundestag erhielten diesmal besondere öffentliche Aufmerksamkeit, weil es diese Wahlen sonst nie gibt. In den drei Ausschüssen für Inneres, Gesundheit sowie Entwicklungszusammenarbeit wurde nur gewählt, um AfD-Kandidaten gerade nicht zu wählen. Umgehend beklagte die AfD, rituell empört, einen Regelbruch. Die Gremien bilden die Zuständigkeiten der jeweiligen Ministerien ab, sie sind zugleich ihr Kontrolleur.

Der Posten im Innenausschuss fiel an die AfD, weil die anderen nicht zugriffen

Laut Bundestagssatzung, der „Geschäftsordnung“, wird der jeweilige Vorsitz im Ältestenrat vereinbart. Faktisch läuft es so, dass sich die Fraktionsgeschäftsführer vorab einigen. Klappt das nicht, greifen die Fraktionen reihum auf die Posten zu, wobei der Vorsitz im Haushaltsausschuss traditionell an die größte Oppositionspartei gehen soll. Der wichtige Vorsitz im Innenausschuss gelangte in den Zugriff der AfD, weil den Regierungsfraktionen andere Posten wichtiger waren. Damit stand der Abgeordnete Martin Hess an der Spitze, ein Polizist. Um etwas Gutes über ihn zu sagen: In seiner Fraktion gibt es üblere Gesellen.

Das Argument, es gehe um Geheimes, war vorgeschoben

Man kann Abgeordneten das Wählen schlecht untersagen. Deshalb war es wohl legal, was die große Anti-AfD-Koalition da veranstaltet hat. Doch während es 2019 bei der bis heute einzigen Abwahl eines Ausschussvorsitzenden konkret um die Person des AfD-Politikers Stephan Brandner und seine Barbareien ging, sollte mit der diesjährigen Nichtwahl ein eher allgemeines Zeichen gesetzt werden.

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Dass Hess ein Sicherheitsrisiko gewesen wäre, weil der Ausschuss mit sensiblem Verfassungsschutzmaterial umgehe, wurde zwar behauptet. Es war aber vorgeschoben, denn mit solchem Material sind Hess und die weiteren AfD-Innenausschussmitglieder bei ihrer Sacharbeit ohnehin befasst. Job des Vorsitzenden ist Organisationskram, Risiken ergeben sich dadurch kaum. Die AfD sitzt übrigens auch im Geheimdienst-Kontrollgremium des Bundestags.

Es fällt schwer, den Vorgang als demokratische Stärke zu bewerten

Folglich erlaubte man sich nur für das Symbol „AfD verhindern, wo immer es geht“ eine Ausnahme von den eingeübten Regeln. Den Wahlakt im Ausschuss für dieses Motiv zu verzwecken, ist nicht verboten; es gilt das Mehrheitsprinzip. Diesen parlamentarischen Grenzgang allerdings als Stärke von Demokratie zu bewerten, fällt schwer. Dass die AfD ihr Wehklagen, Opfer der „Altparteien“ zu sein, für ihre Popularität nutzen kann, liegt jedenfalls nicht nur an ihr selbst.

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