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Der neue saudische König Salman will durchgreifen.
© dpa

Saudi-Arabien: Neuer König – alte Sitten

Der saudische Monarch Salman krempelt die Führungsspitze des Landes um und bleibt hart gegen Bürgerrechtler.

Eine Woche nach dem Tod seines Vorgängers Abdullah hat der neue saudische König Salman die Machtspitze seines Landes umgekrempelt und in einer Serie von 30 Dekreten klargestellt, dass er am harten innenpolitischen Kurs festhalten wird. Bei der zum Thronwechsel üblichen Amnestie wurde keiner der zahlreichen inhaftierten Menschenrechtler berücksichtigt, auch wenn am Freitag die Prügelstrafe für den Blogger Raif Badawi vor der Al-Jafali-Moschee in Jeddah erneut ausgesetzt wurde. Am vergangenen Montag jedoch, dem ersten Werktag nach der offiziellen Staatsruhe, hatte der Monarch auf dem gleichen Platz vor tausenden von Schaulustigen einen Mann öffentlich hinrichten lassen, der als Kinderschänder verurteilt worden war.

Zwei Söhne des verstorbenen Abdullah, der eine war Gouverneur von Mekka, der andere Gouverneur von Riad, mussten ihrer Ämter abgeben. Ausgewechselt wurden auch die Spitzen von Geheimdienst und Staatssicherheit ebenso die relativ moderaten Chefs von Justizministerium und Religionspolizei. Zudem ordnete der 79-jährige Potentat an, ungeachtet des rasanten Ölpreisverfalls allen Beamten, Soldaten, Polizisten und Rentnern aus der Staatsschatulle Bonuszahlungen im Wert von 30 Milliarden Dollar auszuzahlen. Zusammen mit der für 2015 kalkulierten Haushaltslücke von knapp 50 Milliarden Dollar verbraucht Saudi-Arabien damit allein im laufenden Jahr fast 15 Prozent seiner Devisenrücklagen, um das Volk durch finanzielle Wohltaten politisch ruhig zu halten.

Eine Schlüsselposition im neuen Machtgefüge bekleidet König Salmans Sohn Mohammed. Der 34-Jährige wurde Verteidigungsminister sowie Chef des Hofes und kontrolliert damit den Zugang zum König. Er gilt als extrem korrupt, raffgierig und arrogant. Niemand in den politischen oder diplomatischen Kreisen Saudi-Arabiens weiß irgendetwas Positives über den neuen starken Mann in der Regierung zu sagen.

Beobachter glauben, dass Badawi nicht mehr ausgepeitscht wird

Unterdessen appellierte die Ehefrau des vor drei Wochen ausgepeitschten Bloggers Raif Badawi, die in Kanada mit ihren drei Kindern Asyl erhalten hat, bei einem Treffen mit Parlamentsabgeordneten in Ottawa an die kanadische Regierung, Druck auf Riad auszuüben, damit ihr Mann begnadigt wird. „Ich bin sehr besorgt um ihn. Es ist unmöglich für einen Menschen, 50 Schläge pro Woche zu überstehen“, erklärte Ensaf Haidar. Beobachter in Jeddah allerdings gehen davon aus, dass die saudische Führung wegen der weltweiten Empörung keine weiteren Auspeitschungen mehr anordnen wird.

30 Milliarden Dollar: Der saudische Monarch Salman beschenkt sein Volk.
30 Milliarden Dollar: Der saudische Monarch Salman beschenkt sein Volk.
© AFP

Badawis Anwalt Waleed abu al Khair, der im letzten Juli von einem Anti-Terror-Gericht in Jeddah zu 15 Jahren Haft verurteilt worden war, erhielt ebenfalls wegen des internationalen Drucks Hafterleichterungen. Er kann jetzt jederzeit Besuch empfangen, bekommt seine Medizin und darf Bücher lesen. Al Khair ist mit Samar Badawi verheiratet, der Schwester von Raif, die die Auspeitschung ihres Bruders am 9. Januar mitangesehen hat. Zu ihrem Bruder im Gefängnis hat die 33-Jährige keinen Kontakt. Seit Anfang Dezember darf Samar Badawi auf Anordnung des frisch ernannten Vizekronprinzen und Innenministers Mohammed Nayef Saudi-Arabien nicht mehr verlassen. Der 55-jährige Nayef, der beste Beziehungen zu amerikanischen Spitzenpolitikern unterhält, gilt in der saudischen Führung als die treibende Kraft hinter der seit zwei Jahren laufenden Unterdrückungskampagne gegen Andersdenkende.

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