Nach tödlichem Anschlag in Tel Aviv: Netanjahu kündigt härteres Vorgehen gegen Terroristen an
Im Sarona-Park haben zwei Attentäter wahllos auf Passanten geschossen. Mindestens vier Menschen kamen ums Leben, weitere wurden verletzt.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat nach dem tödlichen Anschlag in Tel Aviv in der Nacht zum Donnerstag „eine Serie von den offensiven und defensiven Schritten“ gegen Terroristen versprochen. Er erklärte nach einer Mitteilung: „Dies ist eine Herausforderung und wir werden ihr gerecht werden“, wie die Zeitung „Times of Israel“ weiter berichtete. Netanjahu sagte ein entschlossenes Handeln von Polizei, Streitkräften und Sicherheitsbehörden zu, um alle Mittäter zu finden und künftige Anschläge zu verhindern.
Erste Maßnahmen traten umgehend in Kraft: Im Großraum Tel Aviv sei die Polizeipräsenz vor allem im Bereich von Schulen und Kindergärten verstärkt worden, berichteten israelische Medien am Donnerstag. Zudem hob Israel Erleichterungen für Zehntausende Palästinenser zum muslimischen Fastenmonat Ramadan wieder auf. Erteilte Genehmigungen für Palästinenser zum Gebet auf dem Tempelberg wurden eingefroren. Die israelische Armee legte in der Nacht zum Mittwoch einen Blockadering um das Dorf Jata im südlichen Westjordanland. Die beiden Attentäter stammen nach Polizeiangaben aus dem Ort und sind Cousins.
Die im Gazastreifen herrschende Hamas kündigte unterdessen weitere Anschläge im muslimischen Fastenmonat Ramadan an. Ein Hamas-Führer lobte das Attentat. „Ruhm und Glückwünsche den Einwohnern Hebrons“, schrieb Ismail Hanija bei Twitter. Nach dem Satz fügte er ein Siegeszeichen ein.
Netanjahu besuchte den Anschlagsort, an dem zwei palästinensische Attentäter am Mittwochabend im Zentrum Tel Avivs vier Israelis erschossen hatten, noch in der Nacht. Dabei sei er vom ultrarechten Verteidigungsminister Avigdor Lieberman und Polizeiminister Gilad Erdan begleitet worden. Zuvor hatte Netanjahu mit ihnen eine Dringlichkeitsberatung im Militärhauptquartier abgehalten. Das Gebäude liegt direkt gegenüber dem Anschlagsort.
Verteidigungsminister hatte Netanjahus Politik als "zu lasch" kritisiert
Bei dem Angriff waren sechs weitere Besucher verletzt worden. Die „Times of Israel“ berichtet sogar von 18 Verletzten im Hospital. Die Sicherheitskräfte fassten die Attentäter. Für Donnerstag ist eine Sitzung des Sicherheitskabinetts geplant, bei der über das weitere Vorgehen Israels beraten werden soll.
Es war der erste tödliche Anschlag in Israel seit der Ernennung Liebermans zum Verteidigungsminister. Hardliner Lieberman hatte sich in der Vergangenheit immer wieder für ein härteres Vorgehen gegen die Palästinenser stark gemacht und Netanjahus Sicherheitspolitik als „zu lasch“ kritisiert.
In einer Stellungnahme des US-Außenministeriums hieß es: „Die Vereinigten Staaten verurteilen den schrecklichen Terroranschlag in Tel Aviv aufs Schärfste“. „Solch feige Angriffe auf unschuldige Zivilisten sind niemals zu rechtfertigen.“ Die US-Behörden stünden in Verbindung mit den israelischen Verbindung und böten Unterstützung an.
Sarona-Park ist auch bei Touristen beliebt
Die Attentäter eröffneten nach Polizeiangaben am Abend im Sarona-Park im Zentrum der Küstenmetropole das Feuer und schossen wahllos auf Passanten. Das ehemalige deutsche Templerdorf liegt direkt gegenüber von Israels Militärhauptquartier und Verteidigungsministerium. Es ist ein beliebtes Ausgehziel, das auch von vielen Touristen besucht wird.
Augenzeugen berichteten, die Attentäter seien elegant gekleidet gewesen, hätten weiße Hemden und schwarze Hosen getragen. „Wir saßen in einem Straßencafé, wir feierten mit unserem Kind Geburtstag“, erzählte Augenzeugin Meital Sassi dem israelischen Fernsehen. „Ein Attentäter fing plötzlich neben uns an zu schießen. Wir rannten wie die Verrückten weg, er war erst hinter uns, dann bog er in eine Nebenstraße.“ Der Mann habe im Laufen immer weiter auf Menschen geschossen. Angeblich gab es in dem Lokal keine richtigen Sicherheitsvorkehrungen.
Ein Polizeisprecher teilte anschließend mit, beide Attentäter seien gefasst. Einer von ihnen wurde verletzt und im Krankenhaus operiert. Zu Jahresbeginn waren bei einem ähnlichen Anschlag in Tel Aviv drei Menschen getötet worden.
32 Israelis seit Oktober durch Anschläge getötet
Tel Avivs Bürgermeister Ron Chuldai rief die Einwohner der Küstenmetropole nach dem Anschlag zur Ruhe auf. „Morgen geht hier das Leben wie immer weiter“, sagte er bei einem Besuch im Ichilov-Krankenhaus, das ganz in der Nähe des Anschlagsorts liegt. „Tel Aviv ist und bleibt das Symbol des normalen Lebens.“
Bei einer Welle palästinensischer Anschläge sind seit Oktober 32 Israelis getötet worden. Mehr als 200 Palästinenser kamen ums Leben, die meisten davon bei den von ihnen verübten Anschlägen. Als Auslöser der Gewalt galt ein Streit um Gebets- und Besuchsrechte auf dem Tempelberg in Jerusalem. Zuletzt hatte es allerdings weniger Anschläge gegeben. Als mögliche Motivation für den neuen Anschlag in Tel Aviv wurde der Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan genannt. (dpa)