Krim-Krise: NATO entsendet Awacs-Flugzeuge nach Polen und Rumänien
Wegen der Krise in der Ukraine hat die Nato Awacs-Aufklärungsflüge über Polen und Rumänien angekündigt. Die EU könnte bald die Sanktionen verschärfen. Und sogar China geht jetzt auf Distanz zu Putin.
Zur Überwachung der Krise in der Ukraine entsendet die NATO AWACS-Aufklärungsflugzeuge nach Polen und Rumänien. Das beschloss der NATO-Rat am Montag in Brüssel, wie ein NATO-Vertreter mitteilte. Die Aufklärungsflugzeuge starten demnach vom deutschen Geilenkirchen und vom britischen Waddington.
Die USA wollen bis Donnerstag außerdem 300 Soldaten nach Polen verlegen. Sie sollen an einem lange geplanten Manöver teilnehmen, doch Washington hat dies wegen der Krim-Krise ausgeweitet. Bisher haben die USA nur gut ein Dutzend Ausbilder in Polen stationiert. Zu den Truppenteilen sollen bald zwölf F-16-Kampfflugzeuge stoßen. Sie sollen Polen dabei helfen, seinen Luftraum zu überwachen. In den drei Baltenstaaten kam es seit deren EU- und Nato-Beitritt zu mindestens 40 Luftraumverletzungen durch russische Militärmaschinen.
Bereits am vergangenen Donnerstag haben die USA sechs Kampfflugzeuge vom Typ F-15 nach Litauen abkommandiert. Dies sei „die Antwort auf die russische Aggression in der Ukraine sowie erhöhte Militäraktivitäten in Kaliningrad“, sagte der litauische Verteidigungsminister Juozas Olksas. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) fliegt am Dienstag zu Gesprächen in die drei baltischen Staaten, in denen die Krim- Krise große Besorgnis ausgelöst hat. Anders als die USA wird Deutschland den Nato-Partnern aber voraussichtlich keine Militärhilfe anbieten.
Auch auf anderen Ebenen werden die Spannungen schärfer. Die EU wird voraussichtlich am kommenden Montag zusätzliche Sanktionen gegen Moskau beschließen. Einen Tag nach dem von der EU nicht anerkannten Referendum über den Beitritt der Krim zu Russland am Sonntag könnten die EU-Außenminister in Brüssel Einreiseverbote und Kontensperrungen verhängen, sagten Diplomaten am Montag. Die EU sei „beunruhigt über das Ausbleiben von Zeichen der Deeskalation“, erklärte eine Sprecherin der EU-Kommission.
Die Bundesregierung bekräftigte ihre Forderung an Russland, in einer Kontaktgruppe schnell konstruktive Vorschläge zur Lösung der Krise zu präsentieren. „Es darf kein Spiel auf Zeit geben“, warnte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Krim-Krise: China tadelt Moskau
Moskau bricht mit seinem Vorgehen nach dem Eindruck der Bundesregierung die bisherige Geschlossenheit Russlands und Chinas in Fragen der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten auf. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, sagte, die Krise löse „weit über Europa hinaus weltpolitisches Interesse“ aus. Chinas Staatspräsident Li Xingping hatte in einem Telefonat mit Kanzlerin Angela Merkel erklärt, ein Ausweg aus der Krise könne nur „auf der Grundlage der internationalen Rechtslage“ gefunden werden. Dies wurde in Berlin als Tadel für Moskau gewertet.
Auch unabhängige Beobachter sehen durch Moskaus Vorgehen auf der Krim eine wachsende Kluft zu Peking. „Russland stürzt China in ein Dilemma“, sagte der Asien-Experte der Gesellschaft für bedrohte Völker, Ulrich Delius, dem Tagesspiegel. Zwar wolle China den Partner nicht brüskieren und begrüße eine stärkere Orientierung Russlands nach Asien als Folge möglicher Sanktionen. Die Moskauer Behauptung, es gehe im Krim-Konflikt um den Schutz russischer Bürger in einem fremden Staat, lasse in Peking aber „die Alarmglocken schrillen“. Die chinesische Regierung fürchte einen Präzedenzfall, auf den sich dann auch die eigenen Minderheiten der Uiguren oder Tibeter berufen könnten. „Es gilt das Dogma der Nichteinmischung und der Abwehr jeder Sezession“, sagte Delius. Falls sich China etwa im Rahmen der Vereinten Nationen zu einer Angliederung der Krim an Russland verhalten müsse, werde es seinen eigenen nationalen Interessen folgen und eine völkerrechtliche Anerkennung ablehnen, sagte der Experte voraus.
Wohin steuert Weißrussland?
In der weißrussischen Hauptstadt Minsk wird derweil die Möglichkeit einer erneuten Hinwendung des Regimes um Aleksander Lukaschenko zur EU diskutiert. Die Regierung fuhr in den vergangenen Tagen einen Schaukelkurs zwischen Russland und dem Westen. Außenminister Uladzimir Makei bot Janukowitsch einerseits sicheres Exil, reiste aber Ende Februar auch nach Vilnius und gab sich dort sehr konziliant, etwa im Streit um das weißrussische Atomkraftwerk an der litauischen Grenze. Auch will Minsk offenbar den Gütertransfer über Häfen in Litauen und Lettland ausbauen, statt auf russische Häfen auszuweichen. Die pro- westliche Opposition in Weißrussland hat angesichts der Krim-Krise zur nationalen Einheit aufgerufen.