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SPD-Chefin Andrea Nahles.
© Axel Schmidt/REUTERS

SPD: Nahles fordert Abgrenzung von Grünen

Das Sommerdrama der Union in der Asylpolitik überdeckte, dass hier auch die SPD gespalten ist. Nun sitzen der Partei, der Andrea Nahles seit fast 100 Tagen vorsteht, auch noch die Grünen im Nacken.

Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles fordert von ihrer Partei eine stärkere Abgrenzung gegenüber den Grünen. „Die Imitation der Grünen hilft uns nicht weiter“, sagte sie dem „Münchner Merkur“ . Das gelte auch für die Asylpolitik, in der die Grünen eine einfache Position einnähmen. „Unser Kurs ist differenzierter, aber dafür realistisch“, betonte die Parteichefin. Nahles plädierte für einen „Realismus ohne Ressentiments“. Als „schweren Fehler“ kritisierte sie die Weigerung der Grünen, mehr sichere Herkunftsländer auszuweisen.

Im aktuellen „Deutschlandtrend“ der ARD kommen die Grünen auf 15 Prozent - der höchste Wert seit fünf Jahren. Die SPD ist mit 18 Prozent nur wenig stärker. Zwar haben sich die Sozialdemokraten in Umfragen zuletzt stabilisiert. Doch Nahles sagte: „Ich bin noch nicht zufrieden.“ Die 48-Jährige ist am kommenden Dienstag seit 100 Tagen Parteichefin. Am Montag und Dienstag ist sie im Landtagswahlkampf in Bayern unterwegs.

"Motivationsaufgabe" für Nahles

Von den beiden Parteiflügeln bekam Nahles Rückendeckung. „Andrea Nahles zeigt einen irrsinnigen Einsatz“, sagte Juso-Chef Kevin Kühnert den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft (Samstag). „Sie nimmt sich wahnsinnig viel Zeit für persönliche Rücksprachen, ruft auch früh morgens oder spät abends noch einmal an.“ Bei der Erneuerung der Partei müssten auch die Mitglieder mitziehen, einige machten es sich zu bequem und warteten auf Erneuerung von oben. „Da hat Nahles eine Motivationsaufgabe“, sagte Kühnert.

Auch Johannes Kahrs, einer der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, lobte: „Sie hält den Laden zusammen. Sie führt.“ „Ich bin ja kein Mitglied des Nahles-Fanclubs, aber ehrlicherweise macht sie es großartig“, sagte Kahrs dem Zeitungsverbund.

Nahles betonte: „Die SPD fliegt nur mit zwei Flügeln.“ Sie wolle auf keinen verzichten. Mit Blick auf Kühnert sagte sie, er habe die Jusos stärker gemacht. „Für die Parteivorsitzende mag das nicht immer angenehm sein, aber für die Partei sind die Jusos die Lebensader.“ Nahles war einst selbst Chefin der Nachwuchsorganisation.

Mitgliederzuwachs ist wieder Geschichte

Negativ ist seit der Wahl von Nahles zur Vorsitzenden die Mitgliederentwicklung der SPD. Der große Zuwachs vor dem GroKo-Votum im Februar/März ist weitgehend schon wieder Geschichte. Seit der Entscheidung über das Eintreten in die neue große Koalition verlor die Partei nach einem Bericht der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ 13 853 Mitglieder - zuvor waren seit Jahresbeginn 24 339 Menschen neu in die SPD eingetreten. Am Mitgliederentscheid durften noch 463 723 Genossen teilnehmen. Bis Ende Juni schrumpfte die Mitgliederzahl dem Zeitungsbericht zufolge wieder auf 449 870. In der Entwicklung sind allerdings auch Sterbefälle enthalten.

Ein Parteisprecher sagte der Zeitung jetzt, unter dem Strich gebe es seit Jahresbeginn aber immer noch eine positive Entwicklung mit einem Plus von 6700 Mitgliedern. Damit setze sich der Wachstumstrend fort: Schon 2017 habe die SPD ein Plus von 10 000 Mitgliedern verzeichnet.

Angesichts schwacher Umfragewerte für Union und SPD sieht der Parteienforscher Karsten Grabow das alte Parteiensystem im Umbruch. „Es ist an der Zeit, sich vom klassischen System mit zwei großen Parteien zu verabschieden“, sagte der Leiter der Arbeitsgruppe Parteienforschung bei der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Eine große Koalition sei nicht mehr der Rettungsanker, um doch noch eine Regierung zu bilden. Es werde viele neue Regierungsmodelle geben. In den Bundesländern erlebe man bereits neuartige Zweier- und Dreierkoalitionen. (dpa)

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