SPD-Debatte um Russlandpolitik: Nachgeholte Aussprache
Außenminister Heiko Maas irritiert mit harten Tönen in der Russlandpolitik die SPD. Am Montag debattiert der Parteivorstand das heikle Thema.
Hinter dem unverfänglichen Titel verbirgt sich ein echter Konflikt. Vor allem über den Tagungsordnungspunkt "Internationale Politik und Sicherheitspolitik", eines von vier Themen ihres Erneuerungsprozesses, will die SPD in ihrer Vorstandssitzung am kommenden Montag debattieren. Tatsächlich dürfte es hinter verschlossenen Türen zuallererst um die Russlandpolitik des neuen sozialdemokratischen Außenministers Heiko Maas gehen. Denn mit harten Vorwürfen an die Adresse der Regierung in Moskau hat der frühere Justizminister Teile seiner Partei irritiert. Unter anderem hielt er Russland vor, es verhalte sich "zunehmend feindselig" gegenüber dem Westen. Unmut löste in der SPD auch aus, dass er nach dem Skripal-Giftgasangriff in Großbritannien russische Diplomaten auswies und westliche Luftangriffe auf Syrien guthieß.
Sozialdemokratische Kritiker warnen, Maas breche mit Willy Brandts Ostpolitik, die für viele Genossen ein unhinterfragbares Identitätsthema der Partei darstellt. In einer Präsidiumssitzung wandten sich die Ministerpräsidenten Manuela Schwesig aus Mecklenburg-Vorpommern und Stephan Weil aus Niedersachsen sowie Parteivize Ralf Stegner Ende April gegen seinen Russland-Kurs. Die neue Bundesregierung betone das Interesse am Dialog mit Russland zu wenig, Maas sei zu skeptisch gegenüber dem Land, lauteten die Vorwürfe. Zudem sei sich die SPD immer einig gewesen, dass sie die Verständigung mit Russland suche und entsprechende Signale sende. Weil Maas an der Sitzung wegen einer Kanadareise nicht teilnehmen konnte, wurde die Debatte auf Montag verschoben.
Inzwischen hat sich der neue Außenminister mit wichtigen Kontrahenten aus der SPD getroffen und ausgetauscht. Die Debatte zu Russland sei sachlich, fair und gründlich verlaufen, heißt es. Doch Kritiker der neuen, harten Töne aus dem Außenministerium an die Adresse Moskaus erwarten, dass Maas am Montag Verständnis für die verletzte Seele seiner Partei zeigt und die Lage so beruhigt.
Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass er den Warnern in der Sache entgegenkommen will – im Gegenteil. Maas hatte stets auch vom Ziel gesprochen, Russland für politische Lösungen in internationalen Konflikten zu gewinnen, hier hält er sich für unangreifbar. Zudem habe sein Treffen mit seinem Amtskollegen Sergej Lawrow in Moskau bewiesen, dass er den Dialog suche, sagen seine Unterstützer und verweisen auf Erfolge wie die Wiedereinrichtung einer deutsch-russischen Arbeitsgruppe zur Sicherheitspolitik und Moskaus Bereitschaft zu einem neuen Treffen zum Ukraine-Konflikt im Normandie-Format. Dass Maas bei seinem Besuch in Washington diese Woche das Atomabkommen mit dem Iran gegen die Regierung Donald Trump unbeirrt verteidigte, dürfte ohnehin manche in der SPD mit ihm versöhnen.