Vietnam: Mutmaßlich entführtem Manager droht erneut Todesstrafe
Lebenslange Haft hat Trinh Xuan Thanh schon. Jetzt steht der wohl aus Berlin verschleppte Ex-KP-Funktionär in Hanoi wieder vor Gericht.
Lebenslange Haft hat er schon, jetzt droht ihm die Todesstrafe: Der mutmaßlich aus Deutschland entführte Geschäftsmann Trinh Xuan Thanh muss sich seit Mittwoch in Vietnam in einem neuen Prozess vor Gericht verantworten. Dem 52-Jährigen wird zur Last gelegt, als Chef eines Staatskonzerns mehr als eine halbe Million Euro Schmiergeld angenommen zu haben. Das Urteil des Volksgerichts Hanoi wird im Februar erwartet. Die Bundesregierung will ein Todesurteil unbedingt verhindern.
Der Fall belastet die Beziehungen zwischen Deutschland und Vietnam seit dem vergangenen Sommer massiv. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass der einstige Parteifunktionär im Juli 2017 vom Geheimdienst des kommunistischen Landes mitten in Berlin entführt wurde. Seine Familie sieht Thanh als Opfer politischer Machenschaften. Vietnam behauptet hingegen, dass er freiwillig wieder nach Hanoi kam und sich den Behörden stellte.
Erst am Montag war Thanh in einem anderen Prozess wegen Korruption und Misswirtschaft zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Auf die Forderung nach der Todesstrafe hatte die Staatsanwaltschaft dabei verzichtet - möglicherweise auch auf diplomatischen Druck aus Berlin. Nach Meinung von Beobachtern wiegen die Vorwürfe in dem neuen Prozess aber schwerer als im ersten Verfahren. Vietnam gehört zu den wenigen Staaten, die wegen Korruption die Todesstrafe verhängen und auch vollstrecken.
Konkret geht es um Vorwürfe, dass sich Thanh als Chef des Baukonzerns PVC - eine Tochterfirma des Ölkonzerns PetroVietnam - in den Jahren 2009/10 persönlich bereichert haben soll. Angeblich verkaufte er Anteile an einem Projekt in Hanoi deutlich unter Wert an einen privaten Entwickler. Im Gegenzug soll er umgerechnet mehr als eine halbe Million Euro Schmiergeld bekommen haben. Zudem wird Thanh dafür verantwortlich gemacht, dass dem Staat Einnahmen in Millionenhöhe entgangen seien.
Der Geschäftsmann hatte sich nach dem Bekanntwerden erster Vorwürfe 2016 nach Deutschland abgesetzt, wo er schon in den 1990er Jahren lebte. In Berlin bemühte er sich bis zu seinem plötzlichen Verschwinden um eine Anerkennung als Asylbewerber. Wegen seiner mutmaßlichen Verschleppung mussten zwei vietnamesische Diplomaten die Bundesrepublik verlassen. Zudem legte die Bundesregierung Abkommen auf Eis. Vietnam ist einer der wenigen Staaten, die von einer kommunistischen Einheitspartei regiert werden.
Zusammen mit Thanh stehen noch sieben weitere Angeklagte vor Gericht. Einer der Männer erschien am Mittwoch nicht, was mit einer Erkrankung begründet wurde. Als mutmaßlicher Termin für das Urteil wird der 6. Februar genannt. Wie bereits im ersten Prozess bekamen ausländische Medien, darunter auch die dpa, keinen Zugang zum Gericht. Die deutsche Botschaft war jedoch mit einem Diplomaten vertreten. (dpa)
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