Russland sieht sich provoziert: Moskau: Erste US-Soldaten in der Westukraine
Russland schlägt im Ukraine-Konflikt Alarm. Kurz vor neuen Gesprächen in Berlin über die Lage im Kriegsgebiet Donbass erhebt Moskau schwere Vorwürfe. Erste US-Soldaten sollen als Ausbilder für das Militär in der Ukraine sein. Ist das die Vorbereitung auf einen größeren Krieg?
Nato-Schiffe im Schwarzen Meer und US-Soldaten in Reichweite des Kriegsgebiets Donbass - Russland sieht sich im Ukraine-Konflikt vom Westen zunehmend provoziert. Zwar ist unklar, ob im Westen der Ukraine tatsächlich schon die bestellten ersten von 300 US-Militärausbildern angekommen sind. Kiew dementiert halbherzig, Washington gibt sich schmallippig. Doch Moskau ist überzeugt von der Truppenpräsenz, schlägt Alarm.
Die militärischen Drohgebärden des Westens und die in den USA diskutierten Waffenlieferungen für die Ukraine seien eine Gefahr für den Friedensprozess, warnt Russland. Wenn die Bevölkerung im Donbass von US-Waffen getötet werde, dann entstünde ein „kolossaler Schaden“ für das Verhältnis zwischen Moskau und Washington, donnert das russische Außenamt.
Es gibt kaum Zweifel, dass die Russen bei der Ankunft von Ausbildern aus den USA und Großbritannien auch ihren Einsatz in dem Konflikt erhöhen. Von Waffenlieferungen ganz zu schweigen. Russland fühlt sich längst auch durch die verstärkte Aktivität der Nato im Baltikum unter Druck. Wohl auch deshalb beginnen nun neue Militärmanöver in mehreren Teilen des Riesenreiches. Und auch die vom Kreml gesteuerten Medien sind im Grunde seit Monaten im Kampfmodus.
Das Pentagon hält sich bedeckt
Das Pentagon gibt sich mit Blick auf die angeblich bis zu 300 in der Westukraine erwarteten Soldaten zunächst bedeckt. Vor zwei Wochen war die Ausbildungsmission für ukrainische Kampftruppen vorübergehend gestoppt worden, hatte der Kommandeur der US-Truppen in Europa, Generalleutnant Ben Hodges, eben noch in Berlin erklärt. Damit sollte dem Friedensabkommen von Minsk eine Chance gegeben werden.
Schon beim Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Weißen Haus wurde aber deutlich, dass die Geduld der Amerikaner mit Blick auf die zäh ausgehandelte Waffenruhe in der Ukraine nicht endlos sein würde.
US-Präsident Barack Obama, der bis heute auf einen außenpolitischen Coup wartet, will nicht schon wieder als Zauderer dastehen. Seit Monaten werfen ihm seine Gegner im Kongress vor, sich vom russischen Präsidenten Wladimir Putin im Ukraine-Konflikt an der Nase herumführen zu lassen.
Der Kremlchef weist zum Beispiel immer wieder Vorwürfe zurück, reguläre russische Soldaten kämpften an der Seite der Separatisten im Kriegsgebiet Donbass. Moskau legt Wert auf den Unterschied, dass zwar Russen dort freiwillig im Einsatz sein könnten, aber es keinen Marschbefehl gebe.
Wohl auch mit Blick auf diese russische Schützenhilfe wird die Diskussion um die Lieferung defensiver Waffen in Washington immer lauter geführt. Diese Woche sprach sich Martin Dempsey, ranghöchster General des US-Militärs, in deutlichen Tönen dafür aus. Die Regierung solle „unbedingt“ darüber nachdenken, empfahl der Generalstabschef.
Denn letztlich sei Putins Ziel, das Nato-Bündnis zu schwächen.
Defensive Waffen für Kiew?
„Das stärkste, was wir nun tun können, ist Kiew mit defensiven Waffen auszustatten“, sagte zuletzt auch der Demokrat Eliot Engel, ranghohes Mitglied im auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses. Ob das Außenministeriums das ähnlich sieht, verrät die dortige Europa-Beauftragte Victoria Nuland bislang nicht. Das State Department habe seine Empfehlung an das Weiße Haus aber bereits abgegeben. Das letzte Wort hat Obama - doch hält er sich eine Entscheidung nach wie vor offen.
Vor neuen Gesprächen über den in Minsk vereinbarten Friedensprozess an diesem Freitag in Berlin pocht Kremlchef Putin darauf, dass das Abkommen vom 12. Februar punktgenau umgesetzt wird. Doch die Waffenruhe bleibt brüchig, die Stimmung in der Ukraine aufgeheizt. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat nun angeordnet, die Armee um ein Drittel auf 250 000 Mann aufzustocken. Immerhin hat er nicht nur einmal versprochen, das abtrünnige Gebiete wieder unter ukrainische Kontrolle zu bringen. Wohl auch deshalb lässt er nun Schattenbehörden mit Zivilisten und Militärs gründen. Sie sollen im Fall eines militärischen Erfolges dann die Führung in den Regionen Donezk und Luhansk übernehmen. Die Russen warnen nun erneut davor, den Konflikt mit Gewalt lösen zu wollen. Sie sehen nur einen Weg - und der heißt: Dialog der Konfliktparteien. (dpa)