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Indiens Premierminister Narendra Modi hat bei den Wahlen im Bundesstaat Uttar Pradesh einen wichtigen Erfolg errungen.
© Sam Panthaky/AFP

Indien: Modi triumphiert bei den Regionalwahlen

Die Abstimmungen waren der erste Test für den Premier nach der umstrittenen Bargeldumstellung im November. Modi hat ihn überraschend gut überstanden

Am Ganges-Fluss bei Varanasi hoffen die Bootsleute immer noch auf die guten Tage, die ihnen der indische Premierminister Narenda Modi vor der Wahl 2014 versprochen hat. Es gibt nicht genug Fisch im Fluss, um die Dorfeinwohner zu ernähren. Die Bargeldumstellung im November hat die Gemeinschaft hart getroffen. Touristen blieben aus, keiner hatte Geld, um die Bootsführer zu bezahlen. Doch das scheint niemanden zu beeindrucken. „Die meisten aus dem Dorf werden auch 2019 wieder für Modi stimmen, weil er gut für Indien ist“, sagt Narayan Nishad, einer der Bootsleute. „Ihr werdet hier keine fünf Menschen finden, die schlecht über Modi reden.“ Manche sagen, er sei ein starker Führer, andere glauben, er habe Indien im Ausland Respekt verschafft. Doch die Mehrheit der Befragten kann gar nicht erklären, warum sie für Modi ist, worauf sich der tiefe Glaube gründet, dass er es gut meint und Indien verändern will. „Zameen ki neta hai“ – „er ist ein Politiker für unser Land“, sagen die Männer.

Journalisten und Wahlanalysten hatten eine negative Stimmung in Varanasi und anderen Teilen Indiens erwartet, doch sie wurden überrascht. Modi und seine rechtsnationalistische Bharatiya Janata Partei (BJP) ist bei den wichtigen Regionalwahlen ein Kantersieg gelungen. Entscheidend war sein überraschend gutes Abschneiden im Bundesstaat Uttar Pradesh, in dem auch die heilige Stadt Varanasi liegt. Mit über 200 Millionen Einwohnern ist der Bundesstaat etwa so groß wie Brasilien. Modis Partei fuhr mit 39 Prozent das beste Ergebnis einer Partei seit 30 Jahren ein.

Nicht die Realität ist entscheidend

Zuspruch bekam der Regierungschef überraschend auch von Muslimen und Dalits, ehemaligen Kastenlosen, die vor seiner hindu-nationalistischen Regierung eigentlich Angst haben müssten. Seit Modi regiert, häufen sich Angriffe auf beide Gruppen durch extremistische Hindus. Muslime stellen 19 Prozent der Wahlberechtigten in Uttar Pradesh – doch die BJP stellte hier keinen einzigen Muslim auf und gewann dennoch deutlich Stimmen.

Auf Wahlkampf-Veranstaltungen wetterte Modi gegen die reichen Eliten, gegen die Gandhi-Familie und die Kongress-Partei, die Indien jahrzehntelang regierte. „Die haben euch 70 Jahre bestohlen. Ich werde euch Indien zurückgeben“, versprach er. Seine Wähler schien es wenig zu kümmern, dass Modi zur reichen Wirtschaftselite Indiens beste Kontakte pflegt. „Modi“, so erklärt der Autor Pankaj Mishra in der Zeitung „Economic Times“, „ist jemand, der mit wirkungsvoller Rhetorik und Bildern seine eigene Realität schafft, und dann mittels digitaler Medien die Leute dazu bringt, daran zu glauben.“ Nicht die Realität sei für die Wähler entscheidend, sondern die Versprechen und die Magie, die sie mit Modi verbinden, auch wenn seine Politik rational gesehen ihren Interessen zuwider laufe.

Die alten Modelle funktionieren nicht mehr

Indien hat sich in den vergangenen zehn Jahren radikal verändert – und kaum einer hat das besser erkannt als Modi. Smartphones und soziale Medien haben auch in abgelegenen Dörfern Einzug gehalten. Die Wähler sind unzufriedener als früher und sie verlangen mehr. In der Opposition hatte seine Partei lange auf Identitätspolitik gesetzt und einzelne Kasten und Religionen umworben. Doch die alten, statischen Identitätsmodelle sind brüchig geworden. Dalits wollen mehr sein als Dalits, Muslime wollen nicht allein über ihre Religion definiert werden. Ihnen versprach der Regierungschef Modi Chancen und eine bessere Zukunft. Damit dürfte er auch die Wahl 2019 gewinnen und zum mächtigsten Politiker Indiens seit Indira Gandhi werden. Nicht nur Indien wird sich darauf einstellen müssen.

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