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Ministerpräsident Tobias Hans und sein Saarland-Modell
© imago images/BeckerBredel
Update

Streit über Corona-Strategie: Ministerpräsidenten weisen Merkels „Notbremse“-Kritik zurück

Mehrere Ministerpräsidenten verteidigen ihre Corona-Linie, andere stellen sich hinter Merkel. Innenminister Seehofer will den Ländern die Kontrolle entziehen.

Nach der deutlichen Kritik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Vorgehen verschiedener Länder im Corona-Lockdown haben mehrere Ministerpräsidenten ihre Linie verteidigt. Unter anderem Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Niedersachsen und das Saarland sahen am Montag zunächst keinen Grund für schnelle Anpassungen.

Andere stellten sich hinter die Kanzlerin. Bayern, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Thüringen forderten bundesweit einheitliche Regelungen.

CDU-Parteichef und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet verteidigte den Länderkurs in der Corona-Pandemie. Er bekannte sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bei einer Präsidiumssitzung seiner Partei klar zu mehr Tests als Instrument in der Krise und betonte, dass es in Nordrhein-Westfalen eine landesweite „Notbremse“ gebe.

Die rot-schwarz-grüne Landesregierung in Brandenburg sieht sich auf dem Kurs des Bund-Länder-Beschlusses. „Brandenburg setzt die 100er-Notbremse auf Kreisebene um“, teilte Regierungssprecher Florian Engels mit. Hinzu kämen Ausgangsbeschränkungen von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr in der Osterzeit. Das Kabinett wolle am Dienstag über kommunale Modellprojekte beraten.

Der Ministerpräsident des Saarlands, Tobias Hans (CDU), verteidigte laut Teilnehmerangaben im CDU-Präsidium geplante Öffnungen. Im Saarland würden Testauflagen an die Stelle von Beschränkungen gesetzt. Damit bringe man die Menschen dazu, im Freien getestet zusammenzukommen, statt im Verborgenen ohne Tests und Maßnahmen.

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Auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann findet geplante Öffnungen in rund 25 Modellkommunen richtig. „Ich befürchte, wir werden mit einem gewissen Infektionsgeschehen in Deutschland leben müssen. Deshalb sind solche Modellversuche, wie ich finde, nicht unvorsichtig oder gar leichtsinnig“, sagte der CDU-Politiker dem Radiosender NDR Info. Niedersachsen will in den Modellkommunen Öffnungen von Geschäften, Außengastronomie, Theatern, Kinos und Fitnessstudios an Schnelltests koppeln. Voraussetzung ist eine stabile Sieben-Tages-Inzidenz von nicht über 200.

Merkel hatte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“ massiven Druck auf die Länder ausgeübt, um diese zum Umsetzen der Notbremse und schärferer Maßnahmen gegen die dritte Infektionswelle zu bewegen. Modellprojekten erteilte sie eine klare Absage - und deutete an, notfalls könne der Bund tätig werden, wenn die Länder nicht handelten.

„Wir müssen mit einer großen Ernsthaftigkeit jetzt die geeigneten Maßnahmen einsetzen. Und einige Bundesländer tun das, andere tun es noch nicht“, sagte Merkel. Wenn „in sehr absehbarer Zeit“ nichts passiere, müsse sie sich überlegen, wie sich das vielleicht auch bundeseinheitlich regeln lasse.

Ein Möglichkeit ist laut Merkel, „das Infektionsschutzgesetz noch mal anzupacken und ganz spezifisch zu sagen, was muss in welchem Fall geschehen“. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprach sich dafür aus, dass der Bund stärker das Ruder übernimmt. Dafür könne entweder das Infektionsschutzgesetz präzisiert oder ein eigenes Gesetz beschlossen werden, sagte der CSU-Politiker der „Süddeutschen Zeitung“.

Der CDU-Vorsitzende und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet.
Der CDU-Vorsitzende und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet.
© AFP/Tobias Schwarz

Eine Gesetzesänderung müssten allerdings Bundestag und Bundesrat beschließen. Bislang ist die nächste Sitzung des Bundestags für Mitte April geplant. In der gleichen Woche wollen die Ministerpräsidenten un Ministerpräsidentinnen erneut mit Merkel über die Pandemie beraten. Derzeit gebe es keine Pläne, diese Beratungen vorzuziehen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Stattdessen sei jetzt nötig, dass die Länder das Versprochene auch umsetzten.

[Wir müssen deutlich unter 100.000 Toten bleiben“. Lesen Sie hier das gesamte Interview mit Karl Lauterbach. T+]

Bund und Länder hatten vereinbart, dass bereits umgesetzte Lockerungen der Corona-Regeln wieder zurückgenommen werden müssen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Land oder einer Region drei Tage lang bei über 100 liegt. Das betrifft Öffnungen des Einzelhandels, von Museen, Zoos oder Sportanlagen. Die Länder hatten diese Regelung jedoch unterschiedlich konsequent umgesetzt.

Andere wollen Merkels Kurs mitgehen

Andere Länder deuteten an, den härteren Kurs von Merkel mitgehen zu wollen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagte in den ARD-„Tagesthemen“, er könne sich mehr Kompetenzen in Bundeshand vorstellen, die die Länder zu klaren Regeln zwängen. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) forderte den Bund zum Handeln auf. „Man kann es im Infektionsschutzgesetz festlegen - ist mir auch recht - Hauptsache, es ist ein einheitlicher Rahmen“, sagte er der dpa. Es gehe darum, endlich etwas zu tun statt zu reden.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer forderte entschlossenes Handeln. „Dafür brauchen wir jetzt keine weiteren Bund-Länder-Runden“, erklärt die SPD-Politikerin. „Alle müssen sich an das halten, was wir beschlossen haben.“ In Rheinland-Pfalz werde die vereinbarte Notbremse konsequent umgesetzt. In Städten und Landkreisen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz über 100 würden zudem nächtliche Ausgangssperren von 21 Uhr bis 5 Uhr verhängt. „Wir können nicht mit dem Signal von großflächigen Lockerungen in die dritte Welle gehen“, warnt Dreyer.

Auch die Landesregierung in Baden-Württemberg will bei der Anwendung der Corona-Notbremse in Hotspot-Regionen im Zweifel hart durchgreifen. „Wenn wir den Eindruck haben sollten, dass die Notbremse vor Ort ausgesessen wird, werden wir als Land unter anderem mit klaren Weisungen einschreiten“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner lag laut Robert Koch-Institut am Montagmorgen bundesweit bei 134,4 - und damit erneut höher als am Vortag. Binnen eines Tages wurden zuletzt 9872 Corona-Neuinfektionen und 43 neue Todesfälle verzeichnet. Vor genau einer Woche hatte das RKI binnen eines Tages 7709 Neuinfektionen und 50 neue Todesfälle registriert. (dpa, AFP)

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