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Einen Shutdown der Verwaltung wie im Oktober soll so schnell nicht mehr geben.
© dpa

Haushaltsstreit in den USA: Minimalinvasive Operation

Der überparteiliche Vorschlag für den US-Etat könnte einen neuen Shutdown verhindern – aber die Kernprobleme bleiben ungelöst. Ein Politiker vor allem profitiert von dem Kompromiss

Der Haushaltspolitiker Paul Ryan hatte es bereits im Oktober versprochen. Den Blick auf das Jahresende gerichtet, hatte der frühere Vizepräsidentschaftskandidat von Mitt Romney am 23. Oktober, sieben Tage nach Ende des desaströsen Haushaltsnotstands in den USA, angekündigt, einen minimalen Etatabschluss für das kommende Jahr anzustreben. „Ich habe schon frühere Versuche, einen großen Kompromiss zu erzielen, als zum Scheitern verurteilt betrachtet“, hatte Ryan in den ehrwürdigen Hallen des US-Kongresses doziert. Für so etwas müssten schließlich beide Parteien, die in Washington die Macht in ihren Händen hielten, Kompromisse bei ihren Kernprinzipien eingehen. Deshalb war die Formel des Republikaners: „Wenn wir vereinbaren, nichts zu tun, dann können wir etwas hinbekommen.“

Ryan hat Wort gehalten. Nach wochenlangen Beratungen hinter verschlossenen Türen präsentierte der republikanische Abgeordnete jetzt gemeinsam mit seiner demokratischen Senats-Gegenüber Patty Murray ein Budget für die kommenden beiden Jahre. Und wie versprochen ist es ein Ergebnis mit minimalen Beschlüssen geworden, das die Kernprobleme des US-Haushalts nicht berührt. Wenn am Freitag dieser Woche das Repräsentantenhaus zum letzten Mal in diesem Jahr zusammentritt, könnten die Abgeordneten deshalb nun die letzte reguläre Gelegenheit nutzen, mit einem Etatbeschluss in die Weihnachtsferien zu gehen und so den nächsten Shutdown der Regierung am 15. Januar verhindern.

Sollte der überparteiliche Entwurf eine Mehrheit in beiden Häusern des US-Kongresses finden, würde er die mangels eines regulären Haushalts derzeit gültigen allgemeinen Kürzungen, die sogenannte „Sequestration“, ersetzen. Für den Etat haben sich die beiden Unterhändler an den allgemeinen Kürzungen entlanggearbeitet und diese in einem regulären Haushalt um etwa 63 Milliarden Dollar gemildert. Diese 63 Milliarden allerdings müssten an anderer Stelle wieder eingespart werden. Vorgesehen sind über eine Laufzeit von zehn Jahren unter anderem erhöhte Flugsicherheitsgebühren und höhere Einzahlungen durch zivile wie militärische Staatsangestellte in ihre Rentenpläne. Insgesamt 85 Milliarden Dollar sollen so eingespart werden. Bleiben, bei einem Gesamtbudget für die kommenden beiden Jahre von etwa je einer Billion Dollar, nur 22,5 Milliarden Dollar Etatreduzierung.

Dem Abbau ihres Defizits kommen die USA damit nicht viel näher. Von einem Abbau der derzeit etwa 17 Billionen Dollar Schulden ganz zu schweigen. Vor allem aber würde die Einigung eines bedeuten: Weder kämen die von den Republikanern verhassten Steuererhöhungen noch die von den Demokraten verteufelten Kürzungen bei Sozialprogrammen. Getreu dem Motto: Nichts tun, um etwas hinzubekommen.

Am Haushalt trägt dieses gespaltene Land einen Grundkonflikt aus. Wie Teufelszeug wird die von Präsident Barack Obama eingeführte Krankenversicherung – für andere westliche Industrienationen eine Selbstverständlichkeit – von ultrakonservativ-libertären wie gemäßigten Republikanern bekämpft. Sie steht stellvertretend für ein sozialstaatliches Verständnis. Eine langfristige Lösung des Verschuldungsstandes und des Haushaltsdefizits liegt für diese Hälfte des Landes deshalb bei der Kürzung im sozialen Sektor. Die Krankenversicherung indes hat Obama zum Inbegriff seiner Präsidentschaft gemacht. Die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich in den USA und die prekäre Lage des Mittelstandes anzugehen, ist Grundprinzip der Demokraten geworden. Eine Entlastung des Haushalts muss für die Präsidentenpartei deshalb im Kern eine Umverteilung durch Steuererhöhungen beinhalten.

Paul Ryan und Patty Murray haben es sich erspart, diesen Kampf zu führen. Ob aber ihr kleiner Kompromiss auch Beschluss werden wird, ist keineswegs gesichert. Schon ist Widerspruch von republikanischer Seite zu vernehmen. Sollte der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, bis Freitag sein Haus zu einem Beschluss führen können, dann wäre der Senat an der Reihe. Der Senat tagt noch bis zum Sonntag vor Weihnachten, dem 22. Dezember. Hier müsste der Repräsentantenhausbeschluss wortgleich beschlossen werden. Andernfalls könnte, da der Kongress nach dem 16-tägigen Shutdown im Oktober einen Etat nur bis zum 15. Januar beschlossen hatte, ein neuerlicher Haushaltsnotstand drohen. Präsident Obama zumindest hat dem Entwurf bereits seinen Segen erteilt.

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