50 Jahre Kanzlerwahl Willy Brandt: Michael Müller kann sich Wechsel in den Bundestag vorstellen
Berlins Regierender Bürgermeister spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über seine eigene Zukunft. Und die seiner Partei.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller will nach seiner Zeit als Regierender auch noch andere Aufgaben in der SPD übernehmen. „Ich bin gerne Regierender Bürgermeister“ und das wolle er gerne „eine ganze Weile machen“, sagte Müller dem Berliner Tagesspiegel in einem Video-Interview zum 50. Jahrestag der Kanzlerwahl Willy Brandts.
„Und trotzdem gibt es natürlich auch andere schöne politische Aufgaben“, antwortete der SPD-Landesvorsitzende auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, wie Brandt Berlin als Bundestagsabgeordneter zu vertreten. Allerdings sei die Politik „kein Wunschkonzert“, fügte Müller hinzu.
Die künftigen SPD-Chefs müssen einen „neuen Sozialstaat“ formulieren
Die neuen Vorsitzenden, die die SPD gerade sucht, müssen nach Ansicht Müllers einen „neuen Sozialstaat“ formulieren. Dazu müssten sie eine Diskussion über die Tagespolitik hinaus anregen, fordert Müller.
Ihm sind dabei die Themen Bildung und Wissenschaft sowie Renten besonders wichtig. „Es darf nicht nur eine verlängerte Regierungspolitik sein, die dann in der Partei diskutiert wird.“ Bessere Umfrage- und Wahlergebnisse könne die Partei nur mit einem „klaren Zukunftsbild“erreichen.
Müller wünscht sich selbst mehr Souveränität in aufgeregten Situationen
Für Müller ist Willy Brandt, dessen Kanzlerwahl sich in diesen Tagen zum 50. Mal jährt, auch persönlich ein Vorbild. Er selbst wünsche sich manchmal, „mehr Ruhe und Souveränität, mit aufgeregten Situationen umzugehen“, sagte Müller. Er bewundert, was Brandt „alles ausgehalten und dann so eine großartige Politik gemacht“ habe.
Müller: Brandts Ostpolitik hat den Mauerfall möglich gemacht
Müller würdigte in dem Gespräch mit dem Tagesspiegel auch Brandts Rolle für den Fall der Mauer, dessen 30. Jahrestag das Land in diesem Herbst feiert. Erst Willy Brandts Ostpolitik habe später den Mauerfall möglich gemacht. Brandt, selbst neun Jahre Regierender Bürgermeister, habe es nach dem Mauerbau geschafft, die Situation in Berlin wie auch die Berliner „zu beruhigen“, aber gleichzeitig klar zu sagen: „Das dürfen wir so nicht hinnehmen.“
Das Video-Interview ist Teil einer Reihe zum 50. Jahrestag der Kanzlerwahl Willy Brandts, die der Tagesspiegel in Zusammenarbeit mit der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung veröffentlicht. Das Gespräch wurde am ehemaligen Schreibtisch von Willy Brandt im Rathaus Schöneberg geführt. Bisher veröffentlicht: Außenminister Heiko Maas, der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Schriftstellerin Nora Bossong.