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Michael Hartmann
© dpa

SPD-Politiker und Crystal Meth: Michael Hartmann: Was ist dran an den Drogenvorwürfen?

Gegen den SPD-Politiker Michael Hartmann wird wegen Drogenbesitzes ermittelt. Bei den Sozialdemokraten war man offenbar "erleichtert", weil es "nur" um Drogen ging. Anders als im Fall von Sebastian Edathy.

Ausgerechnet an dem Tag, an dem der Edathy-Untersuchungsausschuss des Bundestages sich konstituierte, wurden am Mittwoch schwerwiegende Vorwürfe gegen einen anderen SPD-Innenpolitiker bekannt: Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Drogenbesitz gegen den Abgeordneten Michael Hartmann. Womöglich steht damit nicht nur der Ruf der SPD, sondern der Ruf des Parlaments infrage.

Was ist über die Vorwürfe bekannt?

Bei der Durchsuchung der Berliner Wohnung Hartmanns wurden laut Staatsanwaltschaft keine Drogen gefunden. Die Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz dauern aber an. Am Mittwoch hatte es Hinweise gegeben, es ginge um die aufputschende Modedroge Crystal Meth. Dies hat die Staatsanwaltschaft bisher nicht bestätigt. Ermittler betonen aber, dass ein ausreichender Tatverdacht vorliegen müsse, bevor ein Staatsanwalt beim Bundestag die Immunitätsaufhebung eines Abgeordneten beantragt.

Laut Hartmanns Anwalt Johannes Eisenberg steht der Vorwurf des Besitzes geringer Mengen zum Eigenverbrauch im Raum. „Er bemüht sich derzeit, den genauen Inhalt der und die Gründe für die Vorwürfe durch Akteneinsicht bei der Berliner Staatsanwaltschaft zu klären und wird hernach gegenüber den Ermittlungsbehörden die erforderlichen Stellungnahmen abgeben“, sagte der Anwalt. Hartmann wolle die weiteren Ermittlungen abwarten und sich vorerst nicht äußern, so Eisenberg.

Welchen Hintergrund hat Hartmann?

„Ich bin ein Otto Normalabgeordneter“, hat der 51-Jährige einmal über sich selbst gesagt, der dem Bundestag seit 2002 angehört. Tatsächlich wird der 2011 zum innenpolitischen Sprecher seiner Fraktion aufgestiegene Politikwissenschaftler von seinen Genossen als umgänglicher und pragmatischer Politiker geschätzt. Seit Jahren ist er Mitglied im Kreis des reformorientierten „Netzwerks Berlin“ innerhalb der SPD, die zwischen linkem Parteiflügel und konservativen „Seeheimern“ einen dritten Weg suchen.

Schon von seiner robusten Statur her wirkte der Rheinland-Pfälzer wie geschaffen für das raue Politikfeld der inneren Sicherheit. Hartmann, der gern im schwarzen Dreiteiler auftritt, kennt das Metier, seit er zwischen 1999 und 2002 als Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums wirkte.

Auch in seinem Wahlkreis Mainz, der bis zur Winzergemeinde Bacharach reicht, gilt der unverheiratete Hartmann als bodenständiger Politiker. Lokale Medien preisen ihn dafür, dass er hart daran arbeite, durch unermüdliche Besuche von Veranstaltungen und Festen den Kontakt zu den Menschen zu pflegen. Seit neun Jahren ist Hartmann auch beratendes Mitglied im Arbeitskreis Politische Grundfragen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Was bedeutet die Affäre für die SPD?

Die Nachricht von der Aufhebung der Immunität Hartmanns versetzte vielen SPD-Abgeordneten am Mittwoch einen Schock - schließlich ist es nur wenige Monate her, dass ein anderer prominenter sozialdemokratischer Innenpolitiker nach Ermittlungen wegen Kinderpornografie aus der Politik floh. Anders als Sebastian Edathy hat Hartmann bislang nur sein Amt als innenpolitischer Sprecher und seine Mitgliedschaft im Kontrollgremium des Bundestages für die Geheimdienste aufgegeben. Zwar sagte er alle Termine ab, sein Bundestagsmandat will er aber offensichtlich behalten.

Auch wenn es zynisch klingt: Viele Sozialdemokraten waren erleichtert, dass es im Fall Hartmann nicht ebenfalls um den Vorwurf der Kinderpornografie geht, sondern um Drogen. Andernfalls wäre schnell der Vorwurf aufgekommen, die Lust an verbotenen Bildern von Kindern und Jugendlichen sei eine spezifisch sozialdemokratische Verfehlung. Die vorübergehende Erschütterung der SPD durch die Edathy-Affäre Anfang des Jahres war allerdings nur zum geringen Teil dem öffentlich tabuisierten Thema geschuldet. Schließlich ging die SPD sofort auf Distanz zu Edathy. Seine politische Sprengkraft entfaltete der Vorgang, weil im Zuge der Affäre CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich zurücktreten musste. Die Union machte die SPD dafür verantwortlich, was die Statik der großen Koalition ins Wanken brachte.

Was ist über den Drogenkonsum von Bundestagsabgeordneten bekannt?

Zwar bemühte sich ein TV-Magazin vor rund zehn Jahren darum, auf Bundestagstoiletten Spuren von Kokain nachzuweisen. Nach Angaben von Experten gab die chemische Untersuchung aber wenig Aufschluss über den tatsächlichen Konsum: Ähnliche Spuren finden sich in vielen sanitären Einrichtungen und können durch Reinigungskräfte auch verschleppt werden. Plausibel ist, dass die unter hohem Termindruck stehenden Parlamentarier ein ähnliches Suchtverhalten zeigen wie andere Berufsgruppen mit Stressfaktor. Wegen des öffentlichen Charakters ihres Berufes ist bei Politikern allerdings die Kontrollmöglichkeit und damit das Entdeckungsrisiko etwa bei der Beschaffung illegaler Drogen weit höher.

Wie stark schaden solche Vorfälle dem Ansehen der Politik?

Zwar schadet es immer der Glaubwürdigkeit, wenn Politiker gegen Regeln verstoßen, die sie selbst predigen. Allerdings lehrt alle Erfahrung, dass die Deutschen beim Thema Geld am sensibelsten reagieren. Mehr als ein einzelner, zudem bislang nicht einmal bewiesener Fall von Drogenmissbrauch schaden Berichte über üppige Abfindungen, Postenschieberei und Selbstbereicherung dem Ansehen der Politiker und der Politik insgesamt.

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