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Angela Merkel mit dem kirgisischen Präsidenten Almazbek Atambayev.
© dpa

Bundeskanzlerin in Asien: Merkel zum ersten Mal in Kirgistan

Fast 7000 Meter hohe Berge, riesige Seen. Für Kanzlerin Merkel wäre Kirgistan ein perfektes Urlaubsziel. Auch politisch ist das Land für sie eine Reise wert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist jetzt fast elf Jahre im Amt. Da kommt es nicht mehr so häufig vor, dass sie in ein Land kommt, in dem sie noch nicht war. Am Mittwochabend ist es mal wieder so weit. Kirgistan. Auf dem Flughafen der Hauptstadt Bischkek wird sie mit Gebäck und Blumen empfangen.

Der Präsident Almasbek Atambajew freut sich so sehr über seinen weltberühmten Gast, dass er ihn mitten in der Nacht mit militärischen Ehren begrüßt: Nationalhymnen, Abschreiten der Ehrenformation, volles Programm. Kirgistan ist das zweitkleinste zentralasiatische Land, aber trotzdem mehr als halb so groß wie Deutschland. Knapp sechs Millionen Menschen leben in der ehemaligen Sowjetrepublik, dessen Hauptstadt einst Frunse nach einem sowjetischen General hieß. Es gibt Gold, Öl und Kupfer hier, trotzdem lebt jeder dritte Einwohner unter der Armutsgrenze.

Die Beziehungen zu Deutschland halten sich in Grenzen. Kirgistan ist für die deutsche Wirtschaft Handelspartnern Nummer 146 von etwa 200 Ländern dieser Welt. Die deutschstämmige Minderheit ist von einst 100 000 auf nur noch 8000 Einwohner geschrumpft. In Bischkek hat sich immerhin die Brauerei „Steinbräu“ gehalten, die Schweinshaxe serviert. Ansonsten gibt es einige gemeinsame Entwicklungs- und Bildungsprojekte. Trotz der bescheidenen politischen und wirtschaftlichen Bedeutung will Merkel Kirgistan mit ihrem Besuch Anerkennung zollen. Der Hauptgrund: Das Land hat im Gegensatz zu seinen Nachbarn seit einem Umsturz vor sechs Jahren einen Kurs in Richtung westliche Demokratie eingeschlagen. Das gilt es zu würdigen. Außerdem liegt Kirgistan auf dem Weg zum eigentlichen Ziel dieser Reise, der Mongolei.

Merkel auf dem Weg in die Mongolei

Sie liegt noch etwas weiter östlich, ist nicht weniger exotisch, aber viel größer und auch viel bekannter als Kirgistan - dank Dschingis Kahn, der vor knapp 800 Jahren ein Weltreich eroberte. Beide Länder haben vor allem eines gemeinsam: Sie liegen im Einflussbereich der beiden Riesen China und Russland. Man fühle sich wie ein Pony zwischen zwei Elefanten, hat der mongolische Präsident Tsakhia Elbegdorj die Situation einmal beschrieben. Sein Land sieht sich aber auch als Brücke zwischen Europa und Asien. In den Vereinten Nationen, in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) oder als Beobachter in der Shanghaier Kooperationsorganisation (SCO) ist die Mongolei viel aktiver als andere Länder. 1000 seiner gut 10 000 Soldaten stehen für weltweite UN-Friedensmissionen bereit.

Am Freitag findet in der Hauptstadt Ulan Bator der Asem-Gipfel statt, auf dem sich die Mongolei als „globaler Mitspieler“ präsentieren will. Die Anreise von 51 großen Delegationen dürfte die Sicherheitskräfte und Logistik in der 1,5-Millionen-Hauptstadt leicht überfordern. Mehr als 30 Staats- und Regierungschefs haben sich angekündigt - darunter auch die Ministerpräsidenten Russlands und Chinas, Dmitri Medwedew und Li Keqiang. Mehr als 600 ausländische Journalisten berichten über den Gipfel, der das Motto „Partnerschaft für die Zukunft durch Konnektivität“ trägt. Auch wenn die veraltete mongolische Eisenbahn heute eher Touristen dient und der moderne Güterverkehr von Asien nach Europa an der Mongolei vorbeigeht, hebt Außenminister Lundeg Purevsuren hervor, sein Land habe beide Kontinente schon immer verbunden.

Im Mittelpunkt des Gipfels stehen Wirtschaftsfragen

So sei es während der mongolischen Yuan-Dynastie in China gewesen, als Marco Polo Asien für die Europäer entdeckt habe. Auch seien es mongolische Pferde und das Urtuu-System mit Pferdestationen gewesen, die im 13. Jahrhundert den Pazifischen Ozean mit dem Schwarzen Meer oder der Adria verbunden hätten. Im Mittelpunkt des Gipfels stehen Wirtschaftsfragen. Daneben wird der aktuelle Streit um das Südchinesische Meer nach der Entscheidung des Schiedsgerichts in Den Haag eine große Rolle spielen - auch wenn China betont, das Asem-Forum sei dafür gänzlich „ungeeignet“. Interessant wird sein, ob die Europäer nach dem Brexit-Votum ein Signal der Einigkeit hinbekommen.

Das wird schwierig. In der Haltung zu China sind sie sich beispielsweise uneins. Am Rande des Gipfels dürfte es zudem zu Gesprächen zwischen westlichen Chefs und Medwedew kommen. Das wären die ersten hochrangigen Kontakte nach den Aufrüstungsbeschlüssen der Nato beim Gipfel in Warschau. Während Asem auch mal als „Quasselbude“ abgetan wird, sehen Experten in dem lockeren Format den besonderen Wert.

Auch Pascal Abb vom German Institute of Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg findet die Kritik „etwas verfehlt“. Gerade überregionale Kontakte ließen sich schlecht als Institutionen etablieren, in denen ständig verbindliche Vereinbarungen ausgehandelt würden. „Daran besteht ja eigentlich auch nicht so oft Bedarf - und speziell für asiatische Teilnehmer ist eine informelle Herangehensweise deutlich attraktiver“, sagt der GIGA-Experte. (dpa)

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