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Statt Asyl wieder zurück nach Afghanistan? (Symbolbild)
© Julian Stratenschulte/dpa

Befragung der Kanzlerin: Merkel will wieder generell nach Afghanistan abschieben

Aus Sicht der Bundesregierung gibt es keine Gründe mehr, Abschiebungen nach Afghanistan zu beschränken. Darüber informierte die Bundeskanzlerin am Mittwoch im Bundestag.

Die Bundesregierung will abgelehnte Asylbewerber künftig wieder nach Afghanistan abschieben. Derzeit werden nur Straftäter, Gefährder und sogenannte Identitätsverweigerer nach Afghanistan zurückgeführt. „Aus unserer Sicht sind die Einschränkungen entfallen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch bei der Regierungsbefragung im Bundestag. Es war in ihrer bisher 13-jährigen Amtszeit das erste Mal, dass sich die Kanzlerin persönlich den Fragen der Abgeordneten stellte. In 60 Minuten beantwortete sie 30 Fragen der Parlamentarier.

Zu Afghanistan sagte Merkel, der vom Auswärtigen Amt vorgelegte neue Lagebericht zeichne ein ähnliches Bild wie der vorherige. Zudem sei die deutsche Botschaft nach dem schweren Anschlag im Mai 2017 „wieder besser arbeitsfähig“. Vor diesem Hintergrund sei man zu der Auffassung gelangt, dass die Beschränkungen für Abschiebungen nach Afghanistan nicht mehr gelten müssen. Der Bundesinnenminister werde die Länder informieren, die die Entscheidungen über Rückführungen treffen.

In dem Lagebericht ist die Rede von einer weiterhin „volatilen Sicherheitslage“ in Afghanistan, die starke regionale Unterschiede aufweise. Es gebe Provinzen, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle stabil sei.

Der „Globale Friedensindex“, der am Mittwoch in London veröffentlicht wurde, bewertet die Lage in Afghanistan dagegen sehr negativ. Demnach gehört Afghanistan zu den konfliktreichsten Ländern der Welt. Zusammen mit dem Südsudan, dem Irak und Somalia bildet es das Schlusslicht des Indexes. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hatte erst vor wenigen Tagen einen Abschiebestopp für Afghanistan gefordert.

Merkel gesteht "gravierende Probleme" beim Bamf ein

Bei der Regierungsbefragung musste Merkel auch Fragen zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) beantworten, das in den vergangenen Wochen wegen unrechtmäßiger Asylbescheide massiv in der Kritik stand. Merkel gestand ein, dass es in der Behörde „gravierende, strukturelle Probleme“ gegeben habe. Das sei auch der Grund dafür, dass der damalige Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, 2015 als Leiter ins Bamf gekommen sei.

„Ich habe ihn unzählige Male gesprochen und habe ihn immer wieder ermuntert, uns alle Missstände, alle Unzulänglichkeiten zu sagen“, erklärte Merkel. „Nur dadurch haben wir geschafft, was wir dann geschafft haben.“ Merkel reagierte damit auf die Frage, ob die Presseberichte zuträfen, wonach sie schon 2017 über die Überforderung im Bamf informiert war.

Mehrere Abgeordnete nutzten die Gelegenheit, um Merkel zu ihrer Rolle in der Flüchtlingskrise zu befragen. Der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio griff die Kanzlerin scharf an und kritisierte eine „Durchwinkekultur“ im Bamf, „die im Kanzleramt ihren Ausgang nahm“. Er legte Merkel den Rücktritt nahe. Die Kanzlerin sagte, im Jahr 2015 habe es eine „außergewöhnliche humanitäre Situation“ gegeben. Deutschland habe sich „sehr verantwortlich“ und „rechtmäßig“ verhalten. „Die politischen Grundentscheidungen waren richtig“, sagte sie.

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