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Politik: Merkel setzt Putin unter Druck

Russlands Präsident sagt nach Intervention der Kanzlerin Aufklärung des Mordes an regimekritischer Journalistin zu

Dresden/Moskau/Berlin - Der russische Präsident Wladimir Putin hat bei seinem Besuch in Deutschland den Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja als „abscheuliche Gräueltat“ verurteilt. „Die Täter sind Verbrecher. Wir werden sie verfolgen und verurteilen“, sagte Putin nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag in Dresden. Damit nahm er erstmals seit dem Tod der Journalistin am vergangenen Samstag zu dem Thema persönlich und öffentlich Stellung.

Zuvor hatte Merkel den Mord bei ihrem Treffen mit Putin zur Sprache gebracht. Der russische Präsident spielte gleichzeitig die Bedeutung der international angesehenen Journalistin herunter, und betonte, ihre Ansichten seien sehr radikal gewesen. „Ihr Einfluss auf das politische Leben Russlands war unbedeutend.“ Die Tat war nach Auffassung Putins gegen den russischen Staat gerichtet: „Der Mord fügt der Staatsmacht einen weitaus größeren Schaden zu als ihre Veröffentlichungen.“ Merkel sagte, Putin habe ihr eine umfassende Aufklärung der Tat zugesichert. Zugleich mahnte die Kanzlerin die Achtung der Pressefreiheit in Russland an. „Für uns ist es selbstverständlich, dass Pressefreiheit zu einer demokratischen Gesellschaft gehört.“

Bei seinem Besuch in Dresden bot Putin Deutschland eine verstärkte Zusammenarbeit im Energiesektor an. Das werde in diesem Bereich „das Gesicht Europas verändern“, sagte Putin. Nach den Plänen des russischen Präsidenten könnte Deutschland eine Art Zwischenhändler für die Energieverteilung in Europa werden. Voraussetzung dafür sei aber der Bau der Ostsee-Pipeline. „Wir gehen davon aus, dass das Pipeline-Projekt verwirklicht wird“, sagte Merkel dazu. Das Projekt sei gegen niemanden gerichtet, sagte die Kanzlerin an die Adresse der Balten und Polen. Bisher liefert Russland 40 Millionen Kubikmeter Gas nach Deutschland. Putin rief die deutsche Wirtschaft auf, keine Angst vor russischem Kapital zu haben.

Rund 2000 Menschen hatten Putin am Nachmittag vor dem Residenzschloss in Dresden erwartet, darunter auch einige Demonstranten. Als die Wagenkolonne des Präsidenten eintraf und Putin ausstieg, schallten ihm auch „Mörder, Mörder“-Rufe entgegen.

In Moskau nahmen bei einer Trauerfeier tausende Menschen von Politkowskaja Abschied, allerdings keine ranghohen Vertreter des Kremls. Politkowskaja galt als eine der wenigen Journalistinnen in Russland, die regelmäßig über den Krieg in Tschetschenien berichtete und dabei das Vorgehen der russischen Behörden und kremltreuer tschetschenischer Kräfte heftig angriff.

Nach dem Mord an Politkowskaja forderte Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer ein Eintreten der deutschen Wirtschaft für die Menschenrechte in Russland. „Es muss Schluss sein mit der Leisetreterei gegenüber Putin – das gilt insbesondere auch für die deutschen Wirtschaftsvertreter in Russland“, sagte Bütikofer dem Tagesspiegel. Langfristige Stabilität und eine verlässliche Rechtsordnung, die auch im Interesse der deutschen Wirtschaft seien, könne es nicht geben „in einem Land, in dem die Menschenrechte dermaßen mit Füßen getreten werden“. Dem russischen Präsidenten warf der Grünen-Chef eine „zynische Haltung“ gegenüber diesen Werten vor. Es sei bezeichnend, dass Putin die Aufklärung des Mordes nicht von sich aus dem russischen Volk gegenüber angekündigt habe, sondern lediglich „einige dürre Sätze“ fallen lasse, wenn US-Präsident George W. Bush ihn auf das Thema anspreche.

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