Regierungserklärung zur Nato: Merkel macht Russland für Vertrauensverlust verantwortlich
Die Nato will ihre Präsenz in Osteuropa verstärken. Im Bundestag betont die Bundeskanzlerin allerdings, dass eine sichere Welt nur mit Putin möglich sei.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte zuletzt vor einem "Säbelrasseln" des atlantischen Verteidigungsbündnisses in Osteuropa gewarnt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hingegen macht Russland und seine Rolle im Ukraine-Konflikt für den Vertrauensverlust verantwortlich. Das Grundprinzip der Unverletzlichkeit der Grenzen sei „durch Worte und Taten in Frage gestellt worden“, sagte Merkel am Donnerstag in einer Regierungserklärung zum bevorstehenden Nato-Gipfel im Bundestag. Das russische Vorgehen habe die Nato-Mitglieder im Osten „zutiefst verstört“. „Sie bedürfen daher der eindeutigen Rücksicherung durch die Allianz.“
Merkel unterstützte die Truppenstationierung in die östlichen Mitgliedstaaten. Die Nato will bei ihrem Gipfeltreffen in Warschau am Freitag und Samstag die Stationierung von jeweils einem Bataillon mit etwa 1000 Soldaten in den drei baltischen Staaten und in Polen beschließen. In diesem Punkt dankte sie Steinmeier für sein Engagement. Einsatzkräfte sollten nicht erst in die entsprechenden Gebiete verlegt werden müssen, sondern sollen vor Ort auf einen zweiten Fall wie in der Ukraine vorbereitet sein, "wenn klassische Grenzen bewusst verwischt werden." Sie betonte jedoch, es handele sich hierbei um ein "zutiefst defensives Projekt" nach dem Prinzip der Abschreckung.
Während die Nato also gegen Russland präventiv aufrüsten wird, will man in Sachen Terrorabwehr mit Putin kooperieren. Eine sichere Welt könne es nur gemeinsam mit Russland geben, so Merkel. Sie bekräftigte, Abschreckung und Dialog gehörten „untrennbar zusammen“. Der Nato-Gipfel beginnt am Freitag in Warschau. Merkel beklagte, dass Russland zuvor nicht zu einem Treffen bereit war. Im "Nato-Russland-Rat" sollen gemeinsame Schritte zur Terrorabwehr besprochen werden. Auch die Minsker Vereinbarung soll ein Thema sein, da in der Ukraine bisher immer noch nicht von einer Waffenruhe die Rede sein kann.
Wagenknecht: Nato gefährde Frieden nur Manöver
Die Fraktionsvorsitzende der Linke, Sahra Wagenknecht, trat nach Merkels Rede ans Pult im Bundestag. Sie machte die Nato für eine erhöhte Kriegsgefahr in Europa verantwortlich gemacht. Durch eine „Aufrüstung“ der Allianz habe sich das Risiko einer „militärischen Eskalation mit Russland“ erheblich erhöht. Die Militärausgaben der Nato-Länder seien heute 13-mal so hoch wie die Ausgaben Russlands. Es sei „Irrsinn“, auf diese Weise die Sicherheit in Europa gewährleisten zu wollen.
Wagenknecht warf der Bundesregierung vor, durch die Beteiligung an den jüngsten Manövern den Frieden zu gefährden. „75 Jahre nach Beginn des deutschen Vernichtungskriegs finden in unmittelbarer Nähe der russischen Grenzen wieder martialische Kriegsübungen mit deutscher Beteiligung statt.“ Wagenknecht forderte, die „US-dominierte“ Allianz durch ein kollektives Sicherheitssystem mit Beteiligung Russlands abzulösen. (mit dpa)