Kanzlerin in Kiew: Merkel für Verlängerung der Sanktionen gegen Russland
Die Kanzlerin kritisiert bei ihrem Besuch in Kiew fehlende Fortschritte in der Ostukraine. Derweil verhängt Russland Sanktionen gegen ukrainische Politiker.
Bei ihrem ersten Besuch in der Ukraine seit Abschluss der Minsker Friedensvereinbarungen vor mehr als drei Jahren hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für eine Verlängerung der Sanktionen gegen Russland ausgesprochen. Die Vorgaben der Minsker Vereinbarungen würden "nicht erfüllt", sagte Merkel am Donnerstag nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Deutschland werde sich deshalb auch im Dezember für eine Beibehaltung der Sanktionen gegen Russland einsetzen.
Derzeit gehe es bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen "nur - wenn überhaupt - millimeterweise" voran, kritisierte Merkel. Manchmal gebe es auch Rückschläge. Die Sanktionen könnten erst gelockert werden, wenn es Fortschritte gebe.
Das Minsker Abkommen sieht Waffenstillstand vor
Das Minsker Abkommen von 2015 war unter maßgeblicher Vermittlung der Kanzlerin zustande gekommen. Es sieht unter anderem einen Waffenstillstand vor. Das Abkommen wurde bisher aber nur in Teilen umgesetzt, Beobachter registrieren immer wieder Verstöße. Die sich gegenüberstehenden ukrainischen Regierungstruppen und prorussische Rebellen weisen sich gegenseitig die Schuld zu.
"Wir arbeiten gemeinsam daran, eine UN-Mission zu erreichen, die zu einer weiteren Befriedung führen kann", ließ Merkel über ihren Sprecher Steffen Seibert auf Twitter erklären. Eine solche Friedensmission für die Ostukraine ist seit langem im Gespräch, allerdings gibt es unterschiedliche Ansichten über deren mögliche Ausgestaltung.
Russland weist Vorwürfe zurück
Die Europäische Union hält seit mehreren Jahren umfangreiche Wirtschaftssanktionen gegen Russland aufrecht - wegen Russlands Rolle in der Ostukraine und der Annexion der Krim im Jahr 2014. Der Westen wirft Moskau vor, die Rebellen im Osten der Ukraine militärisch zu unterstützen. Russland weist dies zurück.
"Russland muss eine einfache Sache machen, aus der Ukraine abziehen, die Waffen niederlegen und die territoriale Integrität der Ukraine wiederherstellen", sagte Poroschenko. Er kritisierte die in zwei selbsternannten Teilrepubliken in der Ostukraine angesetzten Wahlen am 11. November. Die "gefälschten Urnengänge" würden von Russland organisiert und zeigten, dass der Kreml nicht zu einer friedlichen Beilegung des Konflikts in der Ostukraine bereit sei.
Russland verhängt Sanktionen gegen ukrainische Politiker und Unternehmen
Russland hatte zuvor Finanzsanktionen gegen mehrere hundert Ukrainer und dutzende ukrainische Unternehmen verhängt. Auf Anweisung von Ministerpräsident Dmitri Medwedew wird der in Russland befindliche Besitz von 322 ukrainischen Staatsbürgern und 68 Firmen eingefroren, wie die Regierung am Donnerstag in Moskau mitteilte. Die Ankündigung fiel mit dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Kiew zusammen.
Auf der russischen Sanktionsliste steht unter anderem die ehemalige ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko, der gute Chancen bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr eingeräumt werden. Auch der Innenminister, der Verteidigungsminister und der Parlamentssprecher sowie mehrere Chemie- und Bergbauunternehmen sind von den Maßnahmen betroffen.
Timoschenko zeigt sich "wenig besorgt"
Timoschenko schrieb auf ihrer Facebook-Seite, sie sei "wenig besorgt" durch die Sanktionen, da sie ohnehin keine Geschäfte in Russland betreibe. Präsident Poroschenko sagte, es sei eine "Ehre", auf der Liste zu stehen. Die neuen Sanktionen seien nicht überraschend verhängt worden.
Die russische Regierung rechtfertigte die Strafmaßnahmen als Reaktion auf "unfreundliche Aktionen der Ukraine in Verbindung mit russischen Bürgern und Rechtsträgern". Im vergangenen Monat hatte eine Region im Westen der Ukraine für ein Verbot der öffentlichen Nutzung von russischsprachigen "Kulturprodukten" gestimmt.
Merkel war am Donnerstag in der Ukraine
Russland und die Ukraine befinden sich seit der russischen Annexion der Krim 2014 in einer verbitterten Auseinandersetzung. Im Osten der Ukraine kämpfen seit April 2014 prorussische Rebellen gegen ukrainische Regierungstruppen.
In dem Konflikt wurden bislang mehr als 10.000 Menschen getötet. Die ukrainische Regierung, die EU und die USA werfen Russland vor, die Separatisten militärisch zu unterstützen. Moskau weist dies zurück.
Merkel reiste am Donnerstag zu einem eintägigen Besuch in die Ukraine. Bei dem Treffen mit Staatspräsident Petro Poroschenko geht es um den Konflikt in der Ost-Ukraine, die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen sowie um bilaterale Themen. Auch ein Gespräch mit Ministerpräsident Wolodimir Groisman steht auf dem Programm.
(AFP)