EFSF-Abstimmung: Merkel braucht wieder Kanzlermehrheit
Am Mittwoch soll der gesamte Bundestag noch einmal über den EFSF abstimmen. Damit wird der Euro-Rettungsschirm zum zweiten Mal zur Überlebensfrage für die schwarz-gelbe Koalition.
- Robert Birnbaum
- Antje Sirleschtov
Der Euro-Rettungsschirm EFSF wird zum zweiten Mal zur Überlebensfrage für die schwarz-gelbe Koalition. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) willigte am Montag überraschend ein, über die Ausgestaltung des Schirms doch den gesamten Bundestag und nicht nur den Haushaltsausschuss entscheiden zu lassen. Die Opposition verlangte von CDU/CSU und FDP, dass sie bei der Abstimmung am Mittwoch erneut die Kanzlermehrheit aufbringen müssen. Andernfalls wäre Angela Merkel „politisch gescheitert“, sagte der SPD-Haushälter Carsten Schneider dem Tagesspiegel.
Die Koalition hatte erst am Freitag einen Antrag der Opposition abgewiesen, über die Richtlinien für den EFSF und damit über die geplante „Hebelwirkung“ des Schirms im Plenum zu entscheiden. Kauder begründete den Schwenk, in den auch Koalitionspartner vorab nicht eingeweiht waren, im CDU-Präsidium mit der durch die öffentliche Debatte erwachsenen „grundsätzlichen Bedeutung“ der Frage. Es werde jetzt erst diskutiert, ob sich durch den „Hebel“ die Wahrscheinlichkeit verändern werde, dass die EFSF-Garantiegeber tatsächlich in Haftung genommen werden. Am Freitag sei es hingegen noch nicht um eine grundsätzliche Frage gegangen.
Schneider sagte, aus Sicht der SPD stelle der geplante Hebel eine „Änderung der Geschäftsgrundlage“ dar. Kanzlerin Angela Merkel habe bei der EFSF-Abstimmung Ende September die Kanzlermehrheit von mindestens 311 Stimmen nur bekommen, weil sie dem Parlament versichert habe, dass das Volumen des Rettungsschirms ausreiche. „Für eine Hebelung des Volumens muss Frau Merkel deshalb auch wieder eine eigene Kanzlermehrheit auf die Waage bringen“, forderte Schneider.
Merkel unterrichtete die Partei- und Fraktionschefs unterdessen darüber, dass die finanzielle Wirkung des EFSF auf rund eine Billion Euro erhöht werden soll. Allerdings soll dadurch die Garantiesumme des Fonds von 440 Milliarden Euro ebenso wenig steigen wie der deutsche Anteil von 211 Milliarden Euro. Eckpunkte für die beiden in Brüssel diskutierten Hebelmodelle sollten am Montagabend dem Haushaltsausschuss zugeleitet werden. In Koalitionskreisen wurde aber davon ausgegangen, dass die Richtlinien selbst bis Mittwoch noch nicht in jedem Detail ausformuliert vorliegen werden. Auf europäischer Ebene herrsche in mehreren Fragen noch keine Einigkeit.
Die FDP-Spitze forderte erneut eine Begrenzung des Rettungsschirms. Dazu gehöre neben einer Obergrenze für die deutsche Haftung auch der Verzicht auf eine Bankenlizenz, mit der der EFSF an Gelder der Europäischen Zentralbank käme, heißt es im Antrag der Parteispitze für die Mitgliederbefragung. FDP-Chef Philipp Rösler sprach von „klaren Bedingungen“, machte aber auch deutlich, dass die Liberalen dann einen EFSF-Hebel mittragen würden. Ausdrücklich verteidigte er den deutschen Parlamentsvorbehalt. Dieser bei anderen Euro-Ländern kritisch gesehene Vorbehalt sei „sehr demokratisch“, da er das Haushaltsrecht des Bundestages sichere, sagte Rösler.