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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD).
© REUTERS/Axel Schmidt

Vor Nato-Gipfel: Merkel bekennt sich zu steigenden Verteidigungsausgaben

Wenige Tage vor Beginn des Nato-Gipfels in Brüssel hat die Bundeskanzlerin den Anstieg der deutschen Verteidigungsausgaben verteidigt. Es gehe um "Ausrüstung und nicht etwa um Aufrüstung".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekennt sich zu deutlich steigenden Verteidigungsausgaben, lässt aber ein Erreichen der Nato-Ziele offen. „Eine gute Ausrüstung sind wir auch den vielen Soldatinnen und Soldaten schuldig, die sich für unsere Sicherheit einsetzen“, sagte die Kanzlerin am Samstag in ihrer wöchentlichen Videobotschaft. Sie bekräftigte dabei den Nato-Beschluss, dass die 29 Mitgliedsstaaten bis 2024 die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts hochfahren wollen. Aber Deutschland wird dies kaum erreichen - dann müssten die Verteidigungsausgaben von 42,9 Milliarden Euro (Entwurf 2019) laut Schätzungen wegen der erwarteten Entwicklung des BIP bis 2024 auf fast 80 Milliarden Euro steigen.

Vor dem Nato-Gipfel am 11. und 12. Juli in Brüssel kritisierte der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, die Verteidigungsausgaben der Bundesregierung als zu gering. Man könne lange darüber diskutieren, ob das Nato-Ziel sinnvoll sei, sagte er der „Welt“. „Aber die Wahrheit ist: Wir haben es als Ziel akzeptiert. Es ist deshalb bedauerlich, dass es in der Koalition nicht vereinbart werden konnte.“ Ohne militärische Schlagkraft bleibe Europa trotz seiner wirtschaftlichen Größe weltpolitisch bedeutungslos, betonte Ischinger.

Auf dem Nato-Gipfel dürfte es erneut Ärger mit US-Präsident Donald Trump geben. Dieser hatte vor wenigen Tagen vor Anhängern betont: „Ich werde der Nato sagen, ihr müsst eure Rechnungen bezahlen, die Vereinigten Staaten werden sich nicht um alles kümmern.“ Der US-Präsident kritisierte, Deutschland als größter EU-Staat wende nur etwa ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auf, während dieser Wert für die USA bei vier Prozent liege.

Trump sagte mit Blick auf Merkel: „Weißt du, Angela, (...) ich weiß nicht, wie viel Schutz wir bekommen, indem wir euch beschützen. Und dann gehen sie raus und machen einen Gas-Deal, Öl und Gas von Russland, wo sie Milliarden über Milliarden Dollar an Russland zahlen. Sie wollen vor Russland beschützt werden - und trotzdem zahlen sie Russland Milliarden Dollar. Und wir sind die Deppen.“ Deutschland ist der größte ausländische Käufer für russisches Erdgas.

Merkel: Es geht um Ausrüstung nicht Aufrüstung

Der Etat von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) soll 2019 immerhin um vier Milliarden auf 42,9 Milliarden Euro steigen. Damit liegt Deutschland dann bei 1,31 Prozent - und nicht bei einem Prozent, wie Trump es jüngst behauptete. Merkel sichert bisher einen Einstieg auf 1,5 Prozent bis 2024 zu, das wären dann rund 18 Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr als bisher geplant. Dazu hatte sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Freitag in Berlin allerdings skeptisch geäußert.

Bei der Bundeswehr gehe es „jetzt um Ausrüstung und nicht etwa um Aufrüstung“, sagte Merkel. Zugleich würden die Mittel für die Entwicklungshilfe deutlich erhöht. Zu Zeiten des Kalten Kriegs hätten die Ausgaben noch über dem Zwei-Prozent-Ziel gelegen, dann sei es aber zu starken Einsparungen gekommen, kommentierte Merkel in der Video-Botschaft.

„Wir brauchen die Nato auch im 21. Jahrhundert als Garant für unsere Sicherheit und zwar als transatlantisches Bündnis“, sagte Merkel mit Blick auf die USA. Trump droht immer wieder mit Konsequenzen, wenn Länder wie Deutschland nicht mehr für die Verteidigung ausgeben und damit die USA in der Nato entlasten sollten.

Die Herausforderungen hätten sich in den letzten Jahren sehr stark verändert, etwa nach der Annexion der Krim durch Russland, betonte Merkel. „Das bedeutet, dass wir uns wieder stärker auf die Bündnisverteidigung konzentrieren und dafür auch Vorkehrungen treffen“, sagte Merkel mit Verweis auf die Präsenz in Mittel- und Osteuropa. Sie betonte, Ziel sei natürlich ein vernünftiges Verhältnis zu Russland. „Aber gleichzeitig müssen wir als Nato Entschlossenheit zeigen, uns zu verteidigen.“

Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer (CDU), wies darauf hin, dass in der Nato die Befürchtung wachse, dass sich Trump am 16. Juli beim Gipfel in Helsinki auf einen Deal mit Kremlchef Wladimir Putin einlassen könnte. „Dem einen oder anderen treibt allein die Tatsache Schweißperlen auf die Stirn, dass sich Trump und Putin treffen, ohne dass irgendetwas mit den Nato-Partnern abgestimmt ist“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. (dpa)

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