Selahattin Demirtas: Menschenrechtsgericht verlangt von Türkei Freilassung von Kurdenpolitiker
Seit 2016 sitzt der Kurdenpolitiker Demirtas in türkischer Haft. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hält das für unrechtmäßig.
Das europäische Menschenrechtsgericht hat von der Türkei die Freilassung des Kurdenpolitikers Selahattin Demirtas verlangt. Die Untersuchungshaft des früheren Vorsitzenden der prokurdischen HDP-Partei sei ein "unrechtmäßiger Eingriff in die freie Meinungsäußerung des Volkes", urteilte das Straßburger Gericht am Dienstag. Es prangerte seine Inhaftierung zudem als Eingriff in das Recht des Oppositionspolitikers an, gewählt zu werden und sein Parlamentsmandat auszuüben.
Die türkische Regierung wirft Demirtas die Unterstützung von "Terroristen" vor. Die Verlängerung der Untersuchungshaft von Demirtas über die Präsidentschaftswahl im Juni hinaus diene dem Ziel, "den Pluralismus zu ersticken und die Freiheit der politischen Debatte zu begrenzen", kritisierte das Gericht.
Schlappe für die türkische Regierung
Das Urteil des Menschenrechtsgerichts gilt als juristische Schlappe für die türkische Regierung. Sie ist aber nicht gezwungen, es direkt umzusetzen.
Der ehemalige Chef der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP sieht sich aus politischen Gründen verfolgt und hatte daher Beschwerde gegen seine Untersuchungshaft eingelegt. Sein Anwalt Mahsuni Karaman hatte der Deutschen Presse-Agentur vor der Verhandlung gesagt: „Wir erwarten, dass der Europäische Gerichtshof allen unseren Forderungen stattgibt und einen Gesetzesverstoß feststellt.“ Der Prozess gegen Demirtas werde danach zwar weitergehen, aber es sei vor allem „dringend und unbedingt erforderlich“, dass der Politiker entlassen werde. Die Türkei müsse eine Entscheidung des EGMR auch umsetzen.
Demirtas war im November 2016 unter Terrorvorwürfen verhaftet worden. Der 45-Jährige trat bei den Wahlen im Juni aus dem Gefängnis heraus als Kandidat gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan an. Demirtas erreichte mit 8,4 Prozent der Stimmen den dritten Platz. (AFP, dpa)