Verhaftungswelle in China: Mehr als 50 Anwälte und Menschenrechtsaktivisten festgenommen
In China sind innerhalb von zwei Tagen mehr als 50 Anwälte und Menschenrechtsaktivisten festgenommen worden. Darunter befindet sich auch ein Anwalt, der die kürzlich freigekommene "Zeit"-Mitarbeiterin Zhang Miao vertreten hat.
In China sind nach Angaben von Amnesty International in zwei Tagen mehr als 50 Anwälte und Menschenrechtsaktivisten festgenommen und verhört worden. Mehr als 20 von ihnen seien immer noch in Polizeigewahrsam oder verschwunden, teilte die Menschenrechtsorganisation am Samstag in London mit. Ihr Verbleib und rechtlicher Status müsse sofort geklärt werden, damit Folter und Misshandlungen verhindert werden könnten.
Die Razzia der Behörden gegen Menschenrechtsanwälte seit Donnerstag erfolgte laut Amnesty in Peking, Shanghai und Guangzhou. Ein solches landesweites Vorgehen könne nur aus der Zentralregierung angeordnet worden sein. „Dieser koordinierte Angriff auf Anwälte lässt die Ankündigung von Präsident Xi Jinping, er wolle Rechtsstaatlichkeit fördern, als blanken Hohn erscheinen“, sagte der Amnesty-China-Experte William Nee.
Eine Anwältin hatte den Angaben zufolge kurz vor ihrem Verschwinden noch die Mitteilung verschickt, dass ihre Internet- und Stromverbindungen unterbrochen sei und jemand versuche, in ihr Haus einzubrechen. Zu den abgeführten und seitdem verschwundenen Anwälten gehört auch Zhou Shifeng, der die Mitarbeiterin der Wochenzeitung „Die Zeit“, Zhang Miao, vertreten hat. Zhang war am Donnerstagabend nach neun Monaten Untersuchungshaft freigelassen worden. Sie hatte der Korrespondentin Angela Köckritz geholfen, über prodemokratische Demonstrationen in Hongkong zu berichten. Anklage wurde nicht erhoben.
Die Bundesregierung setzt sich auch für die Freilassung der seit April inhaftierten Journalistin Gao Yu ein. Sie war wegen des angeblichen Verrats von Staatsgeheimnissen zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Gao arbeitete unter anderem für den chinesischen Dienst des deutschen Auslandssenders Deutsche Welle. Wegen ähnlicher Vorwürfe war sie bis 1999 schon einmal sechs Jahre in Haft gewesen und darf in China nicht mehr publizieren. In der Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ belegt China derzeit Platz 176 von 180 Staaten. (epd)