Wechselspiel geht weiter: Medwedew schlägt Putin als Präsidentschafts-Kandidaten vor
Russlands Staatspräsident Dmitri Medwedew hat Regierungschef Wladimir Putin als Kandidaten für die Präsidentschaftwahl 2012 vorgeschlagen.
Erst zum Schluss seiner Rede auf dem Wahlkonvent der Regierungspartei „Einiges Russland“ ließ Präsident Dmitri Medwedew die Katze aus dem Sack: Es wäre richtig, wenn der Parteitag die Kandidatur des Parteivorsitzenden – Wladimir Putin – für das Amt des Präsidenten des Landes unterstützt. Er, Medwedew, würde sich dagegen in die Parteiarbeit vertiefen und sei bei einem erfolgreichen Auftritt von „Einiges Russland“ bei den Wahlen bereit, praktische Arbeit in der Regierung zu leisten – wohl als deren Chef. Die Delegierten hatten ihn auf Platz eins der Kandidatenliste für die Parlamentswahlen am 4. Dezember gesetzt. Sie umfasst weit über 600 Namen, obwohl die Duma nur 450 Sitze hat. Die 11 000 Delegierten und Gäste, die sich in der Moskauer Sportarena Luschniki versammelt hatten, reagierten mit minutenlangem Applaus, Putin selbst, der die Rede seines politischen Ziehsohns mit zu Bronze erstarrtem Gesicht verfolgt hatte, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Auch nicht, als das Mikrophon versagte. Die Kandidatur für das Präsidentamt nahm er selbstverständlich an. Die Amtszeit des Präsidenten soll künftig nicht vier, sondern sechs Jahren betragen. Und die Kandidatur für eine zweite Legislaturperiode hielten die Kremlherrscher im postkommunistischen Russland bisher ebenso für eine Frage der Ehre wie die Kollegen in den USA. Putin, der Russland schon in den acht Jahren seiner ersten Präsidentschaft entscheidend den Stempel aufdrückte, könnte also für weiter zwölf Jahre auf der Kommandobrücke des Staatsschiffs stehen. Doch ein russisches Sprichwort sagt, man steige nie zweimal in denselben Fluss – weil beim zweiten Mal anderes Wasser in ihm fließt. Auch der Putin, der am Samstag in einer über einstündigen Rede sein Regierungsprogramm vorstellte, war ein anderer als der scheidende Präsident vor knapp vier Jahren. Von der Form und vor allem vom Inhalt her. Ähnlichkeiten mit programmatischen Reden, die Medwedew in der letzten Zeit hielt, waren nicht zu übersehen. Auch gebrauchte Putin das Wort Demokratie gegen seine bisherigen Gepflogenheiten ohne einschränkende Adjektive wie „gelenkt“ oder „souverän“.
Putin betonte, er und Medwedew hätten sich „seit langem, vor Jahren“ in der Frage einer künftigen Rollenverteilung geeinigt. Medwedew sagte: „Was wir dem Parteitag vorschlagen, ist eine wohldurchdachte Entscheidung. Ich will eine Sache betonen: Wir haben immer die Wahrheit gesagt.“ Bislang hatten sich Putin und Medwedew in Schweigen darüber gehüllt, wer bei den Präsidentschaftwahlen antreten würde. Putin war von 2000 bis 2008 Staatschef und machte den Posten für Medwedew frei, da er gemäß der Verfassung nicht ein drittes Mal kandidieren durfte. (mit AFP)
Elke Windisch