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Auch die Oberpfalz würde unter einem Abzug leiden. Eingang zum US-Truppenübungsplatz in Grafenwöhr.
© Daniel Kajrmann / dpa

Teilabzug der USA: Martialische Ansage

Fast 12.000 US-Soldaten sollen aus Deutschland abgezogen werden. Ist das eine gute Idee? Ein Kommentar

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Die Nachricht klingt erschreckend. Nun wollen die USA die Zahl ihrer Soldaten in Deutschland also noch stärker als bisher bekannt verringern, insgesamt um fast 12000. Hier sind gegenwärtig nach Japan die meisten US-Truppen stationiert: 36000 Mann und Frau. 5600 sollen in andere Nato-Länder verlegt werden.

Aber von wegen Erhöhung der „strategischen Flexibilität“, wie Verteidigungsminister Mark Esper sagt. Es mag ja sein, dass das im Blick auf Russland eine Überlegung ist – nur wird es das strategische Rational nicht erhöhen. Russland unter Wladimir Putin ist alles andere als duldsam mit den USA Donald Trumps.

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Womit der wesentliche Punkt angesprochen wäre: Trump. In Tat und Wahrheit will der US-Präsident, erratisch, wie er ist, natürlich auch Deutschland wegen der aus seiner Sicht notorisch zu geringen Nato-Beiträge strafen. Daher die neue Marschroute. Und darum ist es auch glaubwürdig, dass Trump den „Prozess beschleunigt“ hat, wie Esper erklärt. Zu alledem passt, dass die USA Soldaten in Richtung Ostgrenze der Nato bewegen, „wo unsere neuen Alliierten sind“. Will sagen: bessere als die Deutschen.

Der Teilabzug soll jetzt so schnell wie möglich umgesetzt werden, lautet die martialische Ansage. Was das im Einzelnen bedeutet, steht noch nicht in Gänze fest – gottlob. Denn mit den Soldaten sind zugleich die insgesamt vier Standorte in Rheinland-Pfalz und Bayern betroffen. Die sind Arbeitgeber auch für Tausende Deutsche, was bedeutet, dass die Regionen leiden würden.

Von daher ist jeder Zeitverzug willkommen, damit sich die Verantwortlichen in Washington über alle Folgen, einschließlich der strategischen Bedeutung, klar werden. Von Deutschland aus wurden über Jahre Einsätze der USA und der Nato geflogen, im Irak, auf dem Balkan, in Afghanistan.

Noch ist aber nicht aller Tage Abend. Deutsche Lobbyarbeit im US-Kongress kann helfen, noch mehr Senatoren und Abgeordnete vom (geostrategischen) Irrweg abzubringen. Es muss ja noch ein Gesetz zum nächsten Militäretat verabschiedet werden; das dauert. Und dann: Im November finden Präsidentschaftswahlen statt, Donald Trumps Chancen auf Wiederwahl stehen gegenwärtig schlecht. Heißt der nächste Präsident Joe Biden, könnte es gut sein, dass der sich die Sache anders überlegt – wenigstens ein Teilrückzug vom Teilabzug wäre drin.

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