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Tief zerstritten. Marine Le Pen, Chefin des rechtsextremen Front National in Frankreich und ihr Vater Jean-Marie Le Pen, der Gründer der Partei.
© AFP

Front National: Marine Le Pen kündigt Disziplinarverfahren gegen ihren Vater an

Die bittere Familienfehde und der politische Streit im rechtsextremen Front National in Frankreich spitzen sich zu. FN-Chefin Marine Le Pen hat ein Disziplinarverfahren gegen ihren Vater Jean-Marie Le Pen, den Gründer der Partei, angekündigt.

Im erbitterten Streit um die Ausrichtung von Frankreichs rechtsextremer Front National (FN) ist ein Rauswurf von Ehrenpräsident Jean-Marie Le Pen aus der Partei nicht mehr ausgeschlossen. Parteichefin Marine Le Pen kündigte am Donnerstagabend in einem TV-Interview ein Disziplinarverfahren gegen ihren Vater an. Dieser bezeichnete einen Parteiausschluss als "vollkommen verrückt".

Ihr Vater werde sich vor dem FN-Exekutivbüro verantworten müssen, sagte Marine Le Pen dem Fernsehsender TF1. Niemand könne verstehen, dass es in der FN Leute gebe, die eine persönliche Meinung vertreten könnten, die den Statuten der Partei widersprächen. Ein Datum für die Sitzung des obersten Parteiorgans nannte sie nicht. Die FN-Führung will möglichst rasch über die Personalie entscheiden. Marine Le Pen will unter anderem verhindern, dass ihr Vater bei den Regionalwahlen im Dezember eine FN-Wahlliste im Süden des Landes anführt.

"Marine Le Pen wünscht vielleicht meinen Tod, aber auf meine Mitarbeit kann sie dabei nicht zählen."

Anlass für den Bruch zwischen Vater und Tochter waren Interview-Äußerungen des 86-Jährigen, in denen er unter anderem erneut die Gaskammern der NS-Konzentrationslager als "Detail" der Geschichte bezeichnet hatte. Diese und ähnliche Sätze, für die der Parteigründer mehrfach verurteilt wurde, torpedieren die Bemühungen seiner Tochter, der Front National ein respektableres Ansehen zu verschaffen und sie damit für breitere Schichten wählbar zu machen.

FN-Vizechef Florian Philippot sagte am Donnerstag im Sender RMC, es wäre "vorzuziehen", wenn der Parteigründer die Front National selbst verlasse. Er hielt aber auch einen Parteiausschluss für denkbar. Wenn Jean-Marie Le Pen nicht selbst reagiere, werde die FN-Spitze "ihrer Verantwortung gerecht" werden.

Jean-Marie Le Pen sagte am Donnerstag auf einen möglichen Rauswurf angesprochen im Sender RTL, schon die Idee als solche berge "ein Implosions-Risiko" für die Front National. "Wenn diese Entscheidung getroffen werden sollte, wäre sie vollkommen verrückt. Denn das Ansehen, das ich natürlich noch in der Front National habe, würde dafür sorgen, dass es zu beträchtlichen Unruhen kommt." Mit Blick auf das Vorgehen seiner Tochter gegen ihn sagte der Europaabgeordnete: "Marine Le Pen wünscht vielleicht meinen Tod, aber auf meine Mitarbeit kann sie dabei nicht zählen." Jean-Marie Le Pen hatte die Front National 1972 mitbegründet und führte sie vier Jahrzehnte lang. Bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2002 schaffte er es mit fast 17 Prozent in der ersten Runde in die Stichwahl, wo er Amtsinhaber Jacques Chirac unterlag.

Anfang 2011 übernahm seine Tochter Marine die Parteiführung. Ihre Strategie, die Front National mit einer Abkehr von den antisemitischen und offen rassistischen Parolen ihres Vater hoffähig zu machen, geht offenbar auf: Im vergangenen Jahr wurde die Partei bei den Europawahlen erstmals Frankreichs stärkste Kraft. Bei den Präsidentschaftswahlen 2017 könnte Marine Le Pen es in die Stichwahl schaffen. Bei den vergangenen Departementswahlen gab es allerdings einen Dämpfer. (AFP)

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