Affäre um Ex-Leibwächter: Macrons gefährliche Arroganz
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bringt sich durch sein Schweigen in der Affäre um seinen Ex-Leibwächter Alexandre Benalla selbst in Bedrängnis. Ein Kommentar.
Die „Macronie“, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und sein Umfeld, hat ihren ersten handfesten Skandal. Seit einer Woche beschäftigt sich Frankreich mit der Affäre um Macrons prügelnden „Sicherheitsberater“ Alexandre Benalla. Bei dem Skandal geht es nicht allein um Macrons früheren Leibwächter, der bei einer Demonstration am 1. Mai ohne Sinn und Verstand auf einen Demonstranten einschlug. Es geht um die Amtsführung des Präsidenten, sein Verständnis vom Umgang mit den Medien und dem Parlament.
Dass die Lage ernst ist, lässt sich schon daran ablesen, dass der Staatschef einen für diesen Mittwoch geplanten Besuch bei der Tour de France abgesagt hat. In seiner bisher gut einjährigen Amtszeit hatte Macron, ein Meister der Kommunikation, keine Mühe, mit Vorwürfen gegen seine Person umzugehen. Egal, ob es sich um ein Salär für seine Frau Brigitte für ihre Arbeit im Elysée-Palast oder den Bau eines umstrittenen Schwimmbads im Feriendomizil in der Festung Brégançon handelte – stets erwiesen sich die Skandale am Ende nur als Skandälchen. „Benallagate“, die Affäre um Macrons Leibwächter, ist allerdings von anderem Kaliber.
Benalla genoss zahlreiche Sonderrechte
Der heute 26-jährige Alexandre Benalla war im Wahlkampf Macrons Leibwächter. Auch nach dem Wahlsieg des Präsidenten wich er nicht von dessen Seite. Er wurde zum Oberstleutnant der Reserve der Gendarmerie befördert und genoss zahlreiche Sonderrechte, bis am vergangenen Wochenende die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen der Prügeleien am Maifeiertag einleitete. Dort war Benalla offiziell nur als Beobachter zugegen.
Mitterrands Skandal um die "Rainbow Warrior" wiegt schwerer
Nimmt man die Details zusammen, so erscheint die Affäre zunächst einmal weniger gravierend als andere Skandale, welche die Fünfte Republik erschüttert haben – beispielsweise die Versenkung des Greenpeace-Schiffs „Rainbow Warrior“ durch französische Geheimagenten im Jahr 1985. In die Aktion, bei der ein Fotograf starb, war auch der damalige Staatschef François Mitterrand eingeweiht. Dennoch droht „Benallagate“ die Präsidentschaft Macrons grundlegend zu erschüttern. Das hat vor allem mit dem Verhalten des Staatschefs zu tun, das den Verdacht aufkommen lässt, dass er oder sein Umfeld Benallas Attacke im Mai vertuschen wollte. Bevor der Fall von Medien wie „Le Monde“ enthüllt wurde, sollte Benalla mit einer zweiwöchigen Suspendierung davonkommen. Der Pariser Polizeichef Michel Delpuech spricht bereits von einer „ungesunden Vetternwirtschaft“.
Durch sein Schweigen bestärkt Macron seine Kritiker
Doch der Staatschef hüllt sich in Schweigen. Mit dieser Haltung bestärkt er aber seine Kritiker, die ihm vorhalten, als „Hyper-Präsident“ wenig Rücksicht auf das Parlament und die Medien zu nehmen. An der innenpolitischen Front hat ihm das bislang nicht geschadet: Die Widerstände gegen seine Reformen, angefangen vom Arbeitsrecht bis zum Umbau der Staatsbahn SNCF, sind geringer als anfangs gedacht. Allerdings erwarten die Franzosen von ihrem Staatschef auch, dass er sein Versprechen einer „mustergültigen Republik“ einlöst – und keine intransparenten Machtstrukturen im Elysée-Palast aufbaut.