zum Hauptinhalt
Rita Mohr-Lüllmann
© dapd

CDU Bremen: Machtlos gegen Machtgelüste

Als „Pattex-Vorsitzender“ wird der Bremer CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp verspottet. Beim Hauen und Stechen in seiner Partei hat er vorerst gewonnen: Die Landesvorsitzende Rita Mohr-Lüllmann ist zurückgetreten.

Hauptwörter lassen sich eigentlich nicht steigern. Das Wort „Feind“ allerdings doch: Feind – Erzfeind – Parteifreund. Im CDU-Landesverband Bremen herrschte über Monate ein Hauen und Stechen, wie man es sogar unter konkurrierenden Parteien kaum erlebt. Zwei Führungskräfte und ihre jeweilige Anhängerschar bekämpften sich bis aufs Messer – nicht etwa wegen politischer Differenzen, sondern wegen persönlicher Abneigung, Karriere- und Machtgelüsten. Zumindest eine der beiden hat jetzt verbittert die Waffen gestreckt: Die Landesvorsitzende Rita Mohr-Lüllmann (55), auch RML genannt, legte ihr Amt nieder und kam damit einer möglichen Abwahl zuvor.

Es ist ein später Triumph für ihren Widersacher Thomas Röwekamp (46), den Chef der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Denn RML hatte ihn Ende 2011 von seinem Zusatzamt als Parteichef verdrängt. Nun steht allerdings auch er unter Druck: Mohr-Lüllmann und ihr aus Solidarität ebenfalls zurückgetretener Vize Hartmut Perschau fordern jetzt auch Röwekamps Abgang als Fraktionschef – damit die zerrissene Bremer CDU endlich einen wirklichen Neuanfang starten kann.

Dabei hatte alles so harmonisch begonnen. Jahrelang fungierte RML als loyale Stellvertreterin Röwekamps sowohl an der Partei- als auch an der Fraktionsspitze. Er überließ ihr sogar die Spitzenkandidatur zur Bürgerschaftswahl 2011. Mit blamablem Ergebnis: Die CDU stürzte ins Bodenlose, von 25,6 auf 20,4 Prozent. Welche Schmach für die gesamte Union, die damit erstmals bei einer deutschen Landtagswahl noch hinter den Grünen landete. Eigentlich hätte dafür die Spitzenkandidatin die Verantwortung tragen müssen. Aber viele Mitglieder sahen die Hauptschuld beim damaligen Partei- und Fraktionschef Röwekamp. Der zynisch wirkende Jurist trotzte jedoch allen Rücktrittsforderungen und verdiente sich damit den Spitznamen „Pattex-Vorsitzender“ – bis schließlich seine Stellvertreterin Mohr-Lüllmann gegen ihn antrat und eine Mitgliederbefragung um den Landesvorsitz knapp gewann: mit 57 zu 43 Prozent.

Thomas Röwekamp
Thomas Röwekamp
© dpa

Aber die Chefin eines Pharmazie-Labors fand nicht das richtige Rezept, um die unchristlich zerstrittene Partei zu befrieden. Im Gegenteil: Sie verärgerte das Röwekamp-Lager, indem sie per Zeitungsinterview verkündete, sie wolle 2013 für den Bundestag kandidieren. Dabei gab es doch schon einen Aspiranten aus dem Röwekamp-Lager: den Bremerhavener CDU-Kreischef Michael Teiser.

Das Fass zum Überlaufen brachte dann ein Kollegenplausch mit einer SPD-Bürgerschaftsabgeordneten in einer Raucherpause zwischen zwei Parlamentsterminen. Dabei soll Mohr-Lüllmann über „kriminelle Machenschaften“ ihrer Bremerhavener Parteifreunde geklagt haben. Sie selbst versicherte hinterher, sie habe diese Äußerung „weder gemacht noch gedacht“. Aber Röwekamps und Teisers Anhänger glaubten lieber den Bezeugungen der SPD-Frau und forderten RMLs Rücktritt. Wahrscheinlich hätte der Landesvorstand einen Sonderparteitag zu ihrer Abwahl einberufen. Da gab sie lieber auf und verzichtete auch auf ihr Amt als Fraktionsvizechefin und die erhoffte Bundestagskandidatur.

Voller Verbitterung schrieb sie in ihrer Rücktrittserklärung, dass sie nach ihrem Amtsantritt auf Röwekamps Lager zugegangen sei, aber auf ein „Klima von Missgunst und aggressiver, unversöhnlicher Ablehnung“ gestoßen sei. Nun macht sie also den Weg für einen Neuanfang frei und fordert dasselbe von ihrem Widersacher.

Doch Röwekamp, der neben seinem gut bezahlten Fraktionsamt auch noch als Rechtsanwalt arbeitet, denkt vorerst nicht ans Aufgeben. Er will lediglich die nächste Wahl des Fraktionsvorstands von Mai 2013 auf Mitte November 2012 vorziehen, lässt aber offen, ob er dann erneut kandidiert. Und sich wieder als „Pattex-Vorsitzender“ zeigt, diesmal auf dem Sitz der Fraktionsführung.

Zur Startseite