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Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat am 09.06.2016 in einem Saal des Paul-Löbe-Hauses in Berlin vor Beginn seiner Vernehmung Platz genommen.
© dpa

Edward Snowden: Maaßen und die Verschwörung

Ist Edward Snowden ein russischer Agent? Viele haben diese Vermutung schon geäußert. Dass aber jetzt Verfassungsschutz-Chef Maaßen damit kokettiert, ist beachtlich. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Tretbar

Neu war die Behauptung nicht. Aber von ganz anderem Rang. Dass Edward Snowden möglicherweise russischer Spion war oder noch ist, hatte unter anderem auch der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschuss, Patrick Sensburg (CDU), behauptet. Doch wenn der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, diese Behauptung aufstellt, noch dazu vor einem Untersuchungsausschuss, hat das eine andere Qualität.

Ist die Behauptung deshalb richtig? Eher nicht. Denn Maaßens Belege fallen genauso aus wie die Belege derer, die das vor ihm schon behauptet haben. Die Argumentation folgt der Gleichung: Snowden hat den USA, dem Westen insgesamt geschadet, also nutzt er den Russen. Das stimmt. Die Veröffentlichung wichtiger NSA-Dokumente haben für erhebliche Spannungen zwischen den USA und Europa, aber auch innerhalb Europas gesorgt. Arbeitsweisen westlicher Geheimdienste wurden ins Licht gezerrt, der Ruf der Dienste beschädigt. Aber macht ihn das gleich zum Spion?

Vokabular der Verschwörungstheorie

Ja, die Russen kosten ihr Asyl, das sie Snowden gewähren, öffentlichkeitswirksam aus. Mutmaßlich wird er einen Preis für den sicheren Aufenthalt gezahlt haben in Form von Informationspreisgabe. Aber spätestens Snowdens Reden für die Freiheit, das Einfordern eines Rechts auf Geheimnisverrat und die angedeutete Bereitschaft, in die USA zurückzukehren, hätten die Russen zum Enttarnen ihres Spions animieren dürfen. Maaßen ist kein Dampfplauderer, eher ein Mann, der weiß, was er sagt und wann er etwas sagt. Das kann seine Behauptung stützen oder seinen Ruf diskreditieren. Denn er bedient sich des Vokabulars von Verschwörungstheoretikern – und gegen die kämpft er selbst oft genug an. Er spielt denselben Mitteln, die er oft genug beklagt: der Desinformation. Hätte er mehr Informationen, die seine Behauptung stützen, hätte er sie preisgeben müssen. Andernfalls wäre schweigen besser gewesen.

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