UN-Sicherheitsrat unter deutschem Vorsitz: Maas fordert neuen Abrüstungs-Fahrplan für Atomwaffen
In der zweiten UN-Sicherheitsratssitzung unter deutschem Vorsitz geht es um ein heikles Thema: Abrüstung. Zwischen den USA und Russland droht neues Wettrüsten.
Bundesaußenminister Heiko Maas hat vor dem UN-Sicherheitsrat einen neuen Fahrplan für atomare Abrüstung gefordert. „Ob in Europa, Asien oder irgendwo anders auf der Welt: Wir können uns keine weiteren Erschütterungen unserer Sicherheit und Stabilität mehr leisten“, sagte er am Dienstag vor dem wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen in New York. „Wir brauchen einen Fahrplan, der uns zurück auf den Weg der atomaren Abrüstung bringt.“
Der SPD-Politiker nannte drei Elemente: mehr Transparenz der Nukleararsenale, Entwicklung von Kontrollmechanismen und neue Abrüstungsverträge.
„Ich glaube ganz sicher, dass eine weitere Verringerung (von Atomwaffen) möglich ist - ohne jeglichen Verlust von Sicherheit“, sagte Maas in der zweiten Sitzung unter seiner Leitung, nachdem Deutschland am Montag den Vorsitz in dem Gremium übernommen hatte. „Die USA und Russland können und sollten die Zahl ihrer Sprengköpfe und Trägersysteme weiter reduzieren.“
Zuletzt hat es bei der atomaren Rüstung gegenteilige Tendenzen gegeben. Die großen Atommächte wie USA, Russland und China modernisieren ihre Arsenale und machen sie damit einsatzfähiger. Die Kündigung des INF-Vertrags über das Verbot nuklearer Mittelstreckenraketen zwischen den USA und Russland durch die Vereinigten Staaten hat Befürchtungen geschürt, dass es zu einer neuen atomaren Aufrüstungsspirale kommen könnte. Die Kündigungsfrist läuft bis zum 2. August.
Maas zeigte sich vor der Sicherheitsratssitzung skeptisch, dass der wichtige Abrüstungsvertrag bis dann noch gerettet werden kann. Russland und den USA gehe es auch darum, dass das Verbot für andere Atommächte wie China und Nordkorea nicht gelte, sagte er. Diese Länder einzubeziehen, werde aber „nicht einfach“.
Der Außenminister warnte davor, in eine neue Aufrüstungslogik zu verfallen. „Der Weltfrieden wird von Nuklearwaffen bedroht“, mahnte er. „Der Kalte Krieg ist vorbei, den Warschauer Pakt gibt es nicht mehr, auch die Mauer gibt es nicht mehr in Deutschland.“ Insofern könne man auf die aktuellen Herausforderungen nicht mit den Antworten aus dem letzten Jahrhundert reagieren.
Seit 1970 gilt der Atomwaffensperrvertrag
Der Sicherheitsrat bekannte sich in einer gemeinsamen Erklärung zu dem seit 1970 geltenden Atomwaffensperrvertrag, einer Art Grundlagenvertrag zur atomaren Rüstungskontrolle. Darin verpflichten sich die Atommächte zur Abrüstung. Gleichzeitig wird den Staaten ohne Atomwaffen verboten, welche anzuschaffen. Im kommenden Jahr soll eine Konferenz zur Überprüfung des Vertrags stattfinden.
Deutschland hatte am Montag für einen Monat den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat übernommen. Nach Angaben von Maas war die zweite Sitzung unter deutscher Leitung auch die erste seit 2012, die sich mit dem Thema nukleare Abrüstung befasste.
Besitz von Atomwaffen soll vor Angriffen schützen
Dem 2017 von zwei Dritteln der UN-Mitglieder beschlossenen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen will Deutschland weiterhin nicht beitreten. „Weil dieses Verbot nur dann effektiv ist, wenn diejenigen, die auch über Nuklearwaffen verfügen, dieses Verbot mittragen. Das ist bisher nicht der Fall“, sagte Maas. „Deshalb wollen wir vor allen Dingen die Vereinigten Staaten, China, Russland und andere jetzt dazu bringen, sich dieser Debatte zu stellen.“
Der Verbotsvertrag wird von rund 120 der 193 UN-Mitgliedstaaten unterstützt. Die vermutlich neun Atommächte sowie fast alle Nato-Staaten - darunter Deutschland - hatten schon die Verhandlungen boykottiert. Sie stehen weiter zum Prinzip der nuklearen Abschreckung. Danach soll der Besitz von Atomwaffen davor schützen, selbst mit Massenvernichtungswaffen angegriffen zu werden.
Die Befürworter des Verbotsvertrags von 2017 argumentieren mit der starken symbolischen Wirkung der Vereinbarung. Im Dezember 2017 erhielt das Anti-Atom-Bündnis Ican, das 450 Organisationen vertritt, den Friedensnobelpreis für seine jahrelangen Bemühungen um ein Zustandekommen des Vertrags. (dpa)