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Mit Härte geht die Polizei in Minsk gegen Demonstranten vor, die gegen das Lukaschenko-Regime protestieren.
© dpa

Weißrussland: Lukaschenko greift hart durch

Seit Wochen demonstrieren in Weißrussland Menschen gegen Staatschef Lukaschenko. Jetzt griff das Regime zur Gewalt

Danzig/Minsk - „Wo ist Alex?“, „Wo ist Igor?“ Mit Transparenten wagen sich am Sonntag noch ein paar Dutzend Weißrussen auf den Minsker Oktoberplatz. Sie vermissen die Festgenommenen vom Vortag und verlangen ihre Freilassung. Erneut werden ein paar Demonstranten von Sicherheitskräften festgenommen.

Nach Angaben der Bürgerrechtsbewegung Wiasna (Frühling) hat die Polizei in Weißrussland am Samstag mehr als tausend Regimegegner festgenommen, die meisten davon in der Hauptstadt Minsk. Sie wollten zum Tag der Unabhängigkeit von 1918, der von Präsident Alexander Lukaschenko nicht anerkannt wird, gegen die Diktatur demonstrieren. Sicherheitskräfte stürmten noch vor dem Protestmarsch auch die Räume von Wiasna und nahmen alleine dort mehr als 50 Personen fest, darunter den Gründer und international bekannten langjährigen Polithäftling Ales Bialetski. Die EU rief die Regierung in Minsk auf, die Demonstranten „sofort freizulassen“. Weißrussland müsse das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit respektieren.

Die Gefängnisse füllen sich wieder

In Weißrussland gibt es seit ein paar Wochen Proteste gegen eine Sondersteuer für Arbeitslose. Lukaschenko hatte per Dekret verfügt, dass Menschen, die weniger als sechs Monate im Jahr arbeiten, eine Steuer von umgerechnet 189 Euro zahlen müssen. Damit solle „Sozialparasitentum“ verhindert werden. Angesichts der Proteste setzte er das Dekret vorläufig wieder außer Kraft. Die Regierung hatte die Kundgebung der Opposition am Wochenende für illegal erklärt und gedroht, hart durchzugreifen. In Minsk waren zahlreiche bewaffnete Polizisten und Fahrzeuge mit Wasserwerfern im Einsatz. Erstmals seit vielen Jahren waren auch Polizisten mit Schnellfeuerwaffen zu sehen. Anfang vergangener Woche hatte Lukaschenko behauptet, die Opposition würde Waffen aus der Ukraine für einen Volksaufstand ins Land schmuggeln.

Wegen einer schweren Wirtschaftskrise und abnehmender Subventionen aus Moskau ist die Lage in der Ex-Sowjetrepublik seit Monaten angespannt. Dabei hatte Lukaschenko erst vor gut einem Jahr einen Annäherungsprozess an den Westen begonnen und alle politischen Häftlinge freigelassen. Nun füllt er seine Gefängnisse wieder. Bis Sonntagmittag waren mehr als 100 sogenannte Administrativstrafen von bis zu 14 Tagen Gefängnis bekannt. Unter den neuen Kurzzeithäftlingen befinden sich die meisten Parteichefs der zersplitterten Opposition. Der Sozialdemokrat Mykola Statkiewitsch, der zu den friedlichen Protesten in Minsk aufgerufen hatte, galt am Sonntag als verschwunden. Die Opposition fürchtet um sein Leben. (mit AFP)

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