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Erklärt den Mauerbau mit dem zweiten Weltkrieg: Die Parteivorsitzende der Linken Gesine Lötzsch.
© Mike Wolff

Wahlkampf Mecklenburg-Vorpommern: Lötzsch erklärt den Mauerbau

Die Linke tut sich schwer mit dem Thema Mauer. Jetzt begründet ihre Chefin Gesine Lötzsch den Bau mit dem Zweiten Weltkrieg, denn so sei es letztlich zur deutschen Teilung gekommen.

Dem Rostocker Genossen genügt die weitschweifige Erklärung seiner Parteivorsitzenden nicht. Eben hat Gesine Lötzsch, in Mecklenburg-Vorpommern im Landtagswahlkampf unterwegs, im Gespräch mit Lokaljournalisten, die unvermeidliche Frage nach dem Mauerbau gestellt bekommen. Die Linken-Chefin sagt, dass man zwei weltgeschichtliche Jubiläen zusammendenken müsse – also nicht über den 13. August 1961 „isoliert“ sprechen dürfe, sondern auch erinnern müsse an den Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion 20 Jahre zuvor.

Ohne den Zweiten Weltkrieg, so argumentiert Lötzsch, „hätte es ja auch die deutsche Teilung nicht gegeben, dann hätte es auch keinen Mauerbau gegeben“. Bevor also die Mauer verurteilt wird, müsse man „erst mal vorbesprechen“, wie es zur deutschen Teilung kam. Der Parteifreund, der im Wahlcafé Lütten-Klein zugehört hat, ist nicht zufrieden. „Wenn sich die Linke für den Bau der Mauer entschuldigt, muss sich die CDU dann nicht für die Teilung Deutschlands entschuldigen?“, fragt er. „Alles schwierige historische Fragen“, erwidert Lötzsch. Sie will die Debatte jetzt offenkundig beenden.

Der Mauerbau vor 50 Jahren ist für die Linke kein Gewinnerthema. Dass die Linke in Mecklenburg-Vorpommern ihren Parteitag auf kommenden Samstag und damit exakt auf den Jahrestag gelegt hat, nervt viele Genossen. Auf die Frage, ob der Streit ums Erinnern schaden werde, sagt Lötzsch: „Ich hoffe nicht.“

Vor zehn Jahren hat der PDS-Parteivorstand erklärt: „Kein Ideal und kein höherer Zweck kann das mit der Mauer verbundene Unrecht, die systematische Einschränkung der Freizügigkeit und die Gefahr für Freiheit sowie an Leib und Leben, beim Versuch das Land dennoch verlassen zu wollen, politisch rechtfertigen.“ Zum 50. Jahrestag hat die Historische Kommission der Linkspartei diese „unmissverständliche Klarstellung“ bekräftigt. Sie ist auch in einem neuen Buch „Alles auf den Prüfstand!“ dokumentiert, Lötzsch zeichnet als Herausgeberin. Sie schreibt im Vorwort, „für gar nicht so wenige“ sei die DDR „etwas anderes als die Schlagwortsammlung Unrechtsstaat, Mauer und Stasi“ und ruft auf, an ihrem früheren Staat „auch Positives zu erinnern oder neu zu entdecken“.

Auf einer Wahlversammlung am Dienstagabend in Rostock-Lichtenhagen zitiert Lötzsch eine Losung auf einer Montagsdemonstration 1989: „Stell Dir vor, es ist Sozialismus – und keiner geht weg“. Ein „sehr gutes Plakat“ sei das gewesen, sagt sie. „Ein Sozialismus hinter Mauern, der funktioniert nicht.“ Aus dem Publikum meldet sich ein Mann, nennt den Mauerbau „notwendig“. Eine ältere Frau pflichtet bei: „Die Mauer war wichtig. Sie hat einen Krieg verhindert.“ Lötzsch wiederum erinnert daran, dass die Mauer von Osten her geöffnet worden sei. Und nennt es ein „Wunder, dass die ganze Maueröffnung unblutig ohne einen einzigen Schuss zu- stande kam“. Von Mauertoten und Verbrechen ist nicht die Rede.

Für Freitag ist eine Erklärung von Lötzsch und Ko-Chef Klaus Ernst angekündigt. Am Samstag werden Ernst und die linke Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau an der Gedenkfeier mit Bundespräsident Christian Wulff in Berlin teilnehmen. Ohne Lötzsch.

Matthias Meisner

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