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Der britische Premier Boris Johnson muss mit der Gegenwehr des Parlaments rechnen.
© imago images / ZUMA Press

Johnsons Muskelspiele: London zieht Diplomaten aus EU-Gremien ab

Der britische Premier Boris Johnson will dokumentieren, dass er es mit seinen Brexit-Plänen ernst meint: Demnächst sollen Diplomaten EU-Gremien verlassen.

Ein Brexit „ohne Wenn und Aber“ am 31. Oktober – so lautet die Devise von Boris Johnson. Um zu zeigen, dass er es damit ernst meint, will der britische Regierungschef britische Diplomaten aus einigen EU-Gremien in Brüssel abziehen. Nach einem Bericht der „Financial Times“ könnten davon in den nächsten Tagen Arbeitsgruppen auf EU-Ebene betroffen sein. „Die Auswirkungen werden erst sichtbar werden, wenn die Arbeit in den EU-Gremien Ende August wieder aufgenommen wird“, sagte ein EU-Diplomat dem Tagesspiegel.

Rund 150 britische Diplomaten in Brüssel

Rund 150 britische Diplomaten vertreten in Brüssel die Interessen des Vereinigten Königreichs. Bereits in seiner ersten Rede vor dem Unterhaus hatte Johnson vor knapp drei Wochen erklärt, es gebe „sehr viele brillante Beamte“, die „Sitzung für Sitzung in Brüssel und Luxemburg feststecken“. Statt dessen könne das Talent dieser EU-Diplomaten besser genutzt werden, um „neuen Freihandelsvereinbarungen den Weg zu bereiten“, hatte der Regierungschef gefordert. Nun wird derzeit noch intern überprüft, wie die britischen Diplomaten künftig mit neuen Aufgaben betraut werden können.

Zuvor hatte Johnson bereits angekündigt, dass London keinen Vertreter mehr in die künftige EU-Kommission schicken wird. Bislang ist der Ex-Botschafter Julian King in Brüssel für das Sicherheitsressort zuständig. Ab 1. November übernimmt eine neue EU-Kommission unter der Leitung der Deutschen Ursula von der Leyen von dem jetzigen Behördenchef Jean-Claude Juncker.

Weiter Kooperation beim Iran-Abkommen

Der britische Teil-Rückzug ändert aber nichts daran, dass Großbritannien sich gemeinsam mit Deutschland und Frankreich weiter für das von US-Präsident Donald Trump gekündigte Iran-Abkommen einsetzen will. „Es gibt keine Anzeichen, dass sich daran etwas ändert“, sagte der EU-Diplomat.

Auch wenn Außenminister Dominic Raab nach britischen Medienberichten Ende des Monats vor dem Hintergrund der Iran-Krise an einem Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen in Helsinki teilnehmen will, so stellt die Rückzugs-Ankündigung einen weiteren Bestandteil von Johnsons Kampagne für einen Brexit auf Biegen und Brechen dar. Der neue Hausherr in der Downing Street will die EU mit seiner Drohung, notfalls einen ungeregelten Brexit am 31. Oktober trotz möglicher Folgen für die Wirtschaft in Kauf zu nehmen, zu Änderungen am Scheidungsvertrag zwingen. Doch dazu ist die Gemeinschaft der 27 Staaten nicht bereit.

Abgeordnete wollen Parlamentsschließung verhindern

Unterdessen ließ der Court of Session, das höchste Zivilgericht Schottlands, eine Verhandlung über die Parlamentsrechte im Zuge des Brexit zu. Der Großteil der Unterhausabgeordneten lehnt einen No-Deal-Brexit ab. Deshalb hat Johnson nicht ausgeschlossen, Parlamentssitzungen unmittelbar vor dem Brexit-Datum am 31. Oktober auszusetzen und dafür die Queen um Erlaubnis zu bitten. Mehrere Abgeordnete, darunter die liberaldemokratische Parteivorsitzende Jo Swinson, wollen aber einem solchen Verfahren einen Riegel vorschieben. Das Gericht im schottischen Edinburgh will sich nun im kommenden Monat mit der Frage befassen, ob eine Umgehung des Parlaments beim Brexit rechtmäßig wäre.

Wie der Showdown zwischen den No-Deal-Gegnern im Parlament und Johnson nach dem Ende der Parlamentsferien ab Anfang September verläuft, lässt sich derzeit überhaupt noch nicht absehen. Als schärfstes Schwert der Gegner eines ungeregelten Brexit gilt ein Misstrauensvotum gegen den Regierungschef. Bevor es zum Einsatz kommt, könnte das Unterhaus auch eine Abstimmung über eine neuerliche Verschiebung des aktuellen Brexit-Datums erzwingen.

Angebot von Trump

Bei einem Besuch in London erklärte derweil der Nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, dass sich US-Präsident Trump nach einem Brexit mit Vorrang um eine Freihandelsvereinbarung mit London kümmern werde. Nach Boltons Worten seien dabei zunächst Vereinbarungen in einzelnen Sektoren wie der verarbeitenden Industrie und dem Automobilsektor denkbar. Später könne dann ein umfassendes Handelsabkommen geschlossen werden, erklärte Trumps Sicherheitsberater nach einem Treffen mit Johnson weiter.

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