Kriegsflüchtlinge aus Syrien: Linke und Grüne warnen vor Abschottung
Das deutsche Aufnahmeprogramm für Kriegsflüchtlinge aus Syrien läuft Ende März aus. Wie stehen die Chancen für eine gemeinsame europäische Initiative?
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wird im Streit um die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus Syrien von der SPD unterstützt. Deren Innenpolitiker Burkhard Lischka sagte am Sonntag auf Anfrage, wie de Maizière halte auch er eine „gemeinsame humanitäre Antwort Europas“ für erforderlich. Lischka begrüßte, dass dabei allerdings die Zahl der Flüchtlinge nicht angerechnet werden soll, die Deutschland bisher schon aufgenommen hat.
Der Innenminister hatte im Tagesspiegel erklärt, dass Deutschland aus der Krisenregion bisher 105.000 Flüchtlinge aufgenommen habe. Deshalb sei es „angemessen, dass das nächste Aufnahmeprogramm ein europäisches Aufnahmeprogramm wird“. Flüchtlingsinitiativen wie Pro Asyl erheben den Vorwurf, es werde alles dafür getan, dass Flüchtlinge „gar nicht erst hierherkommen“. Widerstand gegen eine europäische Einigung gibt es unter anderem aus Litauen, Lettland, Slowenien, der Slowakei, Spanien und Portugal.
Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, sagte, de Maizière begehe einen Fehler, wenn er die syrischen Flüchtlinge für das mangelnde Engagement anderer EU-Staaten in Haftung nehme. „In ihrer Not werden sie sich nicht davon abhalten lassen, das lebensgefährliche Risiko einer Flucht über das Mittelmeer einzugehen und Schutz auch in Deutschland zu suchen.“
Auch die Linken-Europaabgeordnete Cornelia Ernst kritisierte den Bundesinnenminister, der syrischen Flüchtlingen „offenbar keine weitere Hilfe der Bundesregierung“ zusichern wolle. Sie sagte: „Es ist völlig richtig, dass Europa im Umgang mit Flüchtlingen solidarisch sein muss. Wenn de Maizière jetzt aber ein EU-Programm fordert, entzieht er sich der Verantwortung.“ Ernst sagte weiter, die Flüchtlings- und Asylpolitik der EU ziele sehr einseitig auf Abschottung und Kriminalisierung von Menschen in Not. Die Bundesregierung müsse deshalb einerseits bei den anderen EU-Ländern für eine solidarische europäische Flüchtlingspolitik werben, dürfe aber die eigenen Aufnahmeprogramme nicht einstellen.
Göring-Eckardt fordert nationalen Flüchtlingsgipfel
Die Debatte um die Aufteilung der Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen und die Zahl der in diesem Jahr erwarteten Asylbewerber geht derweil weiter. „Die Bundesregierung muss sich ehrlich machen und ein für allemal klar sagen, dass auf jeden Fall deutlich mehr Flüchtlinge zu uns kommen werden“, sagte die Grünen-Politikerin Göring-Eckardt. Sie forderte einen nationalen Flüchtlingsgipfel, bei dem der Bund gemeinsam mit den Ländern, Kommunen sowie Wohlfahrts- und Flüchtlingsverbänden eine Gesamtstrategie erarbeitet. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Torsten Albig (SPD), warnte in der „Welt am Sonntag“: „Wir müssen aufpassen, dass wir keine riesigen Flüchtlingsgettos wie in Jordanien schaffen.“
Der SPD-Abgeordnete Lischka dagegen warnte vor „Stimmungsmache“ wegen angeblich deutlich höheren Asylbewerberzahlen. Die Prognosen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge – es erwartet in diesem Jahr 300.000 Anträge – seien „immer sehr korrekt“ gewesen. Einzelne Bundesländer hatten die Zahl angezweifelt und bis zu 550.000 Anträge hochgerechnet.
Matthias Meisner