Wagenknecht und Lafontaine: Linke Attacken nähren Zweifel an Rot-Rot-Grün
SPD und Linkspartei suchen eine Basis für ein Regierungsbündnis. Doch es gibt Kritik an Sahra Wagenknecht wegen der Nato-Debatte. Auch Oskar Lafontaine irritiert.
Mit rhetorischen Attacken gegen die Nato sowie US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton haben Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht und ihr Mann, Ex-Linken-Chef Oskar Lafontaine, neue Zweifel an der Regierungsfähigkeit der Linkspartei geweckt. Führende Politiker von SPD und Grünen kritisierten die Äußerungen als inakzeptabel und stellten die Bereitschaft der Linken in Frage, nach der Bundestagswahl ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis einzugehen. Die Differenzen in der Außen- und Sicherheitspolitik gelten in allen drei Parteien als wesentliches Hindernis einer gemeinsamen Koalition im Bund.
Lafontaine hatte am Mittwoch auf seiner Facebook-Seite einen Post veröffentlicht: „Hillary Clinton – die vermutlich nächste Terroristin im Weißen Haus“. Zur Begründung hieß es dort weiter: „Nach deutschem Recht ist diejenige eine Terroristin, die rechtswidrig Gewalt anwendet, um politische Ziele durchzusetzen.“ Dies habe Clinton als Außenministerin getan, denn, „um ihre imperialen Ziele durchzusetzen, führen die USA rücksichtslos Krieg und morden weiter“.
Wagenknecht hatte am Donnerstag in der Bundestagsdebatte zum Nato-Gipfel in Warschau der Nato Kriegstreiberei vorgeworfen: „Die Nato-Einkreisung Russlands sichert nicht den Weltfrieden, sondern gefährdet ihn." Die westliche Allianz solle daher durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Einschluss Russlands ersetzt werden.
Grünen-Chefin Simone Peter forderte Wagenkecht und Lafontaine zur Mäßigung auf. „Die Linkspartei kann nicht einerseits Bedingungen für Rot-Rot-Grün stellen und sich gleichzeitig mit solchen Äußerungen selbst isolieren. Wenn sie es mit der Regierungsfähigkeit ernst meint, dann muss sie aufhören, populistische Parolen von sich zu geben“, sagte Peter dem Tagesspiegel. Ähnlich hatte sich zuvor der frühere Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin geäußert. Die Linkspartei müsse endlich klären, was sie außen- und europapolitisch wolle. „Man kann nicht sonntags von Rot-Grün-Rot schwärmen und alltags den historischen Irrtum der Sozialfaschismusthese als saarländische Farce wiederbeleben“, kritisierte der Grünen-Politiker. Auch Fraktionschef Anton Hofreiter sagte im Deutschlandfunk, die Partei müsse lernen, dass es klug sei Kompromisse zu machen. "Wenn die Bedingungen stimmen, kann man dieses Wagnis eingehen."
Oppermann und Wagenknecht nennen Bedingungen
Zweifel an der Regierungsfähigkeit der Linkspartei äußerte auch der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD-Bundestagsabgeordneten Achim Post. „Das Sorgenkind bleibt Sarah Wagenknecht. Mir ist sie zu antieuropäisch, zu national und zu rechthaberisch“, sagte Post. Deutschland brauche eine verlässliche Außen- und Europapolitik wie sie von Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Parlamentspräsident Martin Schulz verkörpert werde. „Wer sich dem glaubwürdig anschließen will und kann, erhöht seine Regierungsfähigkeit.“
SPD-Generalsekretärin Katarina Barley forderte die Linke deshalb auf, intern ihren Kurs zu klären. Ob ein rot-rot-grünes Bündnis möglich sei, hänge davon ab, ob sich die Realos um Dietmar Bartsch oder die Hardliner durchsetzen, die Wagenknechts "Radikalo-Ansatz" anhingen, sagte sie am Montag im "Morgenmagazin" der ARD. Dabei bezog se sich genauso auf die Sicherheits- wie die Sozialpolitik - die Agenda 2010 ist der Linken bis heute ein Dorn im Auge. Regierungsbeteiligungen in den Ländern hätten gezeigt, dass die Partei sehr schnell die "Grenze des Machbaren" zu spüren bekomme, wenn sie Verantwortung übernehmen müsse. Das müsse man auch im Bund bedenken.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann machte am Wochenende ein Bekenntnis der Linken zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr sowie zur Nato-Mitgliedschaft zur Bedingung für eine Regierungszusammenarbeit. Um für die SPD bündnisfähig zu werden, müsse die Linke ohne Vorbehalte akzeptieren, dass jede Bundesregierung der internationalen Verantwortung Deutschlands etwa im Rahmen der Nato jederzeit gerecht werden müsse. „Wer Auslandseinsätze der Bundeswehr kategorisch ablehnt, ist unter den im Bundestag vertretenen Parteien nicht anschlussfähig“, sagte er dem Tagesspiegel.
Wagenknecht nannte im „Deutschlandfunk“ ihrerseits Bedingungen für Rot-Rot-Grün, sparte die Außen- und Sicherheitspolitik dabei aber aus. Nötig sei „eine Politik zur Wiederherstellung des Sozialstaates“, die die „Verheerungen der Agenda 2010 zurücknimmt“. Wenn der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel dies auch wolle, „dann hat er uns als Partner“. „Aber, wenn er einfach nur Kanzler werden will, aber es soll sich politisch nichts ändern, dann ist es wahrscheinlich nicht eine gute Idee, das mit der Linken zu versuchen.“ (mit dpa)