FDP: Lindner warnt vor Entfremdung zu den USA
FDP-Chef Christian Lindner hält in Berlin eine Rede über liberale Freiheit. Und plädiert für einen fortgesetzten Dialog mit Washington.
In Düsseldorf verhandelten am Montagabend die potentiellen Koalitionspartner aus CDU und FDP noch, als einer der wichtigsten Verhandlungsführer woanders sprach, im überfüllten Allianz Forum am Pariser Platz. Christian Lindner, noch Fraktionschef im Landtag von NRW, aber auch FDP-Parteichef und Spitzenkandidat für die Bundestagswahlen, sprach auf Einladung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung zur Freiheit, wie vor ihm Kardinal Lehmann, Peter Sloterdijk oder Joachim Gauck.
Lindner versuchte, „eine Grundierung liberaler Politik“ vorzunehmen und betonte, ihm sei aufgetragen worden, „keine Wahlkampfrede zu halten“. Er hielt sich nicht dran. Lindner begann mit versteckter Kritik an Kanzlerin Merkel. Er warnte zunächst davor, dass aus „aktuellen Irritationen über den US-Präsidenten keine dauerhafte Entfremdung zu den USA werden darf“. Um dann deutlicher zu werden: „Die Betonung der Stärkung Europas darf kein Gegensatz zur transatlantischen Beziehung sein.“ Es war Lindners Versuch, aus dem Aktuellen überzuleiten zum Grundsätzlichen. Liberalismus sei immer auch Dialog, sei Einladung zur Reflexion, habe den Zweck, den Menschen die Chance zu geben, ihren eigenen Lebensentwurf zu finden.
Neues Wettbewerbsrecht
In Anlehnung an den liberalen Vordenker Ralf Dahrendorf und den Historiker Paul Nolte plädierte Lindner dafür, nicht nur die große, historische Freiheit in den Blick zu nehmen, sondern die „kleine, alltägliche Freiheit“. Dahrendorf wollte den Fortschritt einer Gesellschaft nicht allein am Bruttosozialprodukt messen, sondern an den Chancen der Menschen auf ihr Vorankommen. Der Diskurs diente Lindner dazu, auf das Wahlkampfthema der FDP zu kommen: Bildung. Sie sei „die Befähigung zur Freiheit, die Voraussetzung für gesellschaftlichen Fortschritt“.
Lindner forderte, dass Deutschland sich vornehmen müsse, wieder Bildungsspitze zu sein. Er plädierte für ein zweites Bildungssystem, das Menschen, wenn es notwendig ist, quasi nach dem ersten Abschluss nochmals qualifiziere. Er räumte ein, dass die Basis dafür immer die soziale Absicherung des Einzelnen sei und bekannte sich zur Verantwortung des Staates, einen Sozialstaat zu gewährleisten – aber: „Der real existierende Wohlfahrtsstaat ist darüber hinaus gewachsen.“
Er forderte gleichzeitig ein neues Wettbewerbs- und Kartellrecht für die digitale Ökonomie, um zu verhindern, dass Unternehmen wie Google die „Freiheit des Wettbewerbs gefährdet, indem es die Bedingungen des Geschäfts diktiert“. Auch das „Verwachsen von Staat und Markt“ etwa in der Finanzwirtschaft sei keine „soziale Marktwirtschaft, sondern die Perversion davon“.