Regierungschef Fajis al-Sarradsch: Libyen lehnt EU-Flüchtlingszentren ab
Der Regierungschef Libyens hat die Arbeit seiner Küstenwache gegen Vorwürfe von Menschenrechtsorganisationen verteidigt. EU-Flüchtlingszentren lehnte er ab, man werde keine Deals machen, sagte er.
Libyens Regierungschef Fajis al-Sarradsch hat die Küstenwache seines Landes gegen Kritik verteidigt. Zu Berichten, wonach Flüchtlinge in Seenot im Meer zurückgelassen wurden, sagte al-Sarradsch der „Bild“-Zeitung: „Das sind ungeheure Vorwürfe, die nicht stimmen.“ Jeden Tag würden Hunderte Menschen vor der Küste Libyens gerettet. „Ununterbrochen sind unsere Schiffe unterwegs.“
Gleichwohl betonte er, dass seine Regierung für die Seenotrettung mehr technische und finanzielle Unterstützung benötige. Der Ministerpräsident forderte auch mehr Hilfe für die afrikanischen Länder, aus denen die Flüchtlinge kommen. „Sie sollten sich gar nicht erst auf den gefährlichen Weg machen, das sollte das Ziel sein.“
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Die spanische Hilfsorganisation Proactiva Open Arms hatte der libyschen Küstenwache vorgeworfen, zwei Frauen und ein Kind in einem sinkenden Schlauchboot zurückgelassen haben. Das dreijährige Kind und eine der Frauen seien ertrunken.
Pläne zur Errichtung von EU-Flüchtlingszentren in Libyen lehnte al-Sarradsch ab. „Wir sind absolut dagegen, dass Europa ganz offiziell bei uns illegale Migranten unterbringen will, die man in der EU nicht haben möchte.“ Seine Regierung werde zu diesem Zweck „keine Deals mit Geld mit der EU machen“. Er wundere sich sehr darüber, „dass in Europa mittlerweile niemand mehr Migranten aufnehmen will, aber uns bittet, hier weitere Hunderttausende aufzunehmen“.
Lage für Flüchtlinge in Libyen ist katastrophal
Zu den Lebensbedingungen von Migranten in seinem Land sagte der libysche Premier: „Wir haben Flüchtlingsunterkünfte für mehrere zehntausend Menschen geschaffen.“ Zugleich jedoch hielten sich in Libyen mehrere hunderttausend illegale Migranten auf, was die Sicherheitslage massiv verschlechtere. „Darunter sind Terroristen, Kriminelle und Menschenschmuggler, die keinen Wert auf Menschenrechte legen.“ Um die Zustände zu verbessern, müsse man diese Strukturen bekämpfen, aber auch dafür sei mehr internationale Hilfe unabdingbar, sagte der Politiker. „Das fängt bereits bei unseren Landgrenzen an, die dringend besser überwacht werden müssen.“
Die Situation für die Geflüchteten in Libyen wird von Flüchtlingsorganisationen als katastrophal beschrieben. In den Internierungslagern des Landes gebe es Zwangsarbeit, Folter und Vergewaltigungen. In Berichten deutscher Diplomaten, die Anfang 2017 auszugsweise an die Öffentlichkeit gerieten, war von „KZ-ähnlichen Zuständen“ die Rede. Im Herbst 2017 hatte eine CNN-Reportage für Aufsehen gesorgt, die einen libyschen Sklavenmarkt zeigte, auf dem Flüchtlingen verkauft wurden. Schon damals hatte libyens Ministerpräsident angekündigt, die Situation der Menschen verbessern zu wollen. (epd, KNA)