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Minister Ursula von der Leyen (CDU) und der Generalinspekteur der Bundeswehr Volker Wieker.
© REUTERS

Gewaltexzesse in Kaserne: Leyen nach neuem Bundeswehr-Skandal in der Kritik

Angebliche "sexuell-sadistische Praktiken" und Gewaltrituale in einer Elite-Ausbildungskaserne - die Bundeswehr hat einen neuen Skandal. Jetzt wird auch die Informationspolitik der Ministerin hinterfragt.

Im Skandal um Gewaltexzesse von Soldaten an einem Elite-Standort der Bundeswehr geraten zunehmend auch das Verteidigungsministerium und die militärische Führung in die Kritik. Bundestagsabgeordnete von SPD und Grünen prangerten eine schleppende Informationspolitik an und wollen die Vorfälle in der Staufer-Kaserne von Pfullendorf (Baden-Württemberg) im Verteidigungsausschuss prüfen.

Die Informationen zu sexueller Nötigung, Mobbing und Demütigungen in dem Ausbildungszentrum für Spezialkräfte lösten Rufe nach massiven Konsequenzen aus. "Es betrifft etliche Soldaten und Vorgesetzte", sagte der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), der "Bild"-Zeitung. Nun werde "hart durchgegriffen". Auch in der "Bild am Sonntag" äußerte sich Bartels empört: Die Dienstaufsicht habe versagt. "Um einen Neuanfang wird man nicht herumkommen."

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte die Vorfälle an dem Bundeswehrstandort in Baden-Württemberg am Freitagabend als "abstoßend und (...) widerwärtig“ bezeichnet. Sie würden "mit aller Härte aufgeklärt“. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Rainer Arnold, kritisierte die Kommunikationsstrategie der Ministerin. "Wieder einmal wurde das Parlament nicht rechtzeitig informiert, obwohl die Fakten schon seit einiger Zeit bekannt waren", sagte er der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten".

Verteidigungsexperten fordern lückenlose Aufklärung

Arnold und die anderen Obleute des Verteidigungsausschusses wurden demnach am Freitagnachmittag erst kurz nach Veröffentlichung des Berichts von "Spiegel Online" durch Generalinspekteur Volker Wieker schriftlich informiert. Der SPD-Experte spracht sich für eine Sondersitzung des Bundestags-Ausschusses aus. "Da sollte sich die Koalition nicht von der Opposition jagen lassen." Die Verteidigungsministerin müsse "sauber aufklären, strafrechtlich Relevantes weiterhin zur Anzeige bringen und in dem Laden aufräumen".

Die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger sagte: "Wir werden im Verteidigungsausschuss die lückenlose Klärung der vielen offenen Fragen einfordern. Wieder einmal ist das Parlament viel zu spät und unzureichend informiert worden.“ Der "Schwäbischen Zeitung" sagte Brugger, das Ministerium habe schon Monate davon gewusst. Man werde daher "eine Reihe von Fragen an das Ministerium stellen, statt uns allein auf die dünnen Informationen zu verlassen". "Spiegel Online" zufolge gab es unter anderem "sexuell-sadistische Praktiken" sowie Gewaltrituale in der Elite-Ausbildungskaserne in Pfullendorf. Sieben Soldaten wurden vom Dienst suspendiert und sollen fristlos entlassen werden, zudem wurden mehrere Disziplinarverfahren und Versetzungen angeordnet. Die Bundeswehr schaltete die Staatsanwaltschaft ein und stellte Strafanzeige gegen mehrere Soldaten, Generalinspekteur Wieker will "in den nächsten Tagen" nach Pfullendorf fahren, um sich die Vorgänge darstellen zu lassen, sagte ein Ministeriumssprecher der Deutschen Presse-Agentur.

Bartels sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", in Pfullendorf habe es womöglich "Restbestände von einem Machoverhalten" gegeben. Der Wehrbeauftragte betonte: "Trainingsmethoden müssen immer mit der Menschenwürde vereinbar sein." Arnold kritisierte im Südwestrundfunk: "Da wurde offensichtlich die notwendige Härte in der Ausbildung mit menschenverachtender Dummheit verwechselt." (dpa)

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