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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) lehnt mehr Bundeswehrsoldaten in Afghanistan ab.
© dpa

Trumps Afghanistan-Ansprache: Leyen lehnt Truppenaufstockung in Afghanistan ab

Die Afghanistan-Strategie von US-Präsident Donald Trump ist in Deutschland auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während die Bundesregierung die Entscheidung begrüßte, kam von SPD und Grünen auch scharfe Kritik.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat die Entscheidung der USA begrüßt, ihren Einsatz in Afghanistan „zu verstetigen“. Eine Ausweitung des deutschen Engagements stehe derzeit aber nicht an, sagte Leyen am Dienstag bei einem Truppenbesuch in Eckernförde.

US-Präsident Donald Trump hatte entgegen seiner Ankündigungen im Wahlkampf erklärt, das Engagement der USA in Afghanistan verstärken und Terroristen in der Region den Garaus machen zu wollen. In seiner Ansprache forderte er auch mehr Anstrengungen der Nato-Partner. Leyen sagte dazu: Deutschland sei bereits der zweitgrößte Truppensteller in Afghanistan und sehe sich daher nicht als erste Nation in der Pflicht zu einer weiteren Truppenerhöhung. Mit rund 980 Soldaten hat Deutschland deutlich weniger Soldaten am Hindukusch stationiert als die USA mit rund 8400 Soldaten.
Deutschland wird sich nach den Worten der Ministerin vorerst auch nicht stärker an der Verfolgung von Terroristen in Afghanistan beteiligen. „Unser Auftrag ist klar im Mandat definiert und darin bewegen wir uns weiter“, sagte Leyen. Seit dem Abzug der Nato-Kampftruppen aus dem Land, Ende 2014, beschränkt sich der Einsatz de Bundeswehr auf die Ausbildung afghanischer Streitkräfte.

Leyen würdigte, dass der US-Präsident seine Afghanistan-Politik künftig von der Lage im Einsatzland abhängig machen und militärische, wirtschaftliche, entwicklungspolitische und diplomatische Aktivitäten besser verzahnen will. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Henning Otte (CDU), bekräftigte am Dienstag, Afghanistan brauche „nach wie vor unsere Unterstützung auf dem Weg zu mehr staatlicher Stabilität. Das dient auch der Sicherheit Deutschlands“. Allerdings müsse auch die afghanische Regierung ihre Anstrengungen noch einmal erhöhen, um das staatliche Gewaltmonopol zu behaupten und die Sicherheit des Landes selbst gewährleisten zu können.

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat eine enge Abstimmung zwischen den USA und Europa über den Einsatz gefordert. "Nun ist wichtig, dass die Amerikaner mit uns Europäern besprechen, wie wir gemeinsam dafür sorgen können, dass das Land friedlicher und sicherer wird", erklärte Gabriel am Dienstag in Berlin. "Wir erwarten von Washington, dass die USA ihr Vorgehen eng mit uns Europäern abstimmen." Vor allem müsse dafür gesorgt werden, dass die Menschen nicht mehr aus Afghanistan fliehen müssten, sagte Gabriel. "Weitere Migration destabilisiert nicht nur Afghanistan, sondern auch Europa."

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD) begrüßte, dass die Nato in Afghanistan engagiert bleibt. "Dafür war die Entscheidung der USA existenziell." Ob sich damit die Mission 'resolute support' mit Beteiligung der Bundeswehr verändere, müsse in der Nato selbst geklärt werden. "Mir scheint noch nicht klar zu sein, ob die USA ihre nationale Präsenz verstärken wollen oder ihren Nato-Beitrag, sagte Bartels, der einer Aufstockung des deutschen Kontingents ablehnend gegenübersteht. "Deutschland ist mit rund 1000 Soldaten in der richtigen Größenordnug zuverlässig beteiligt."

"Mit Militär allein ist keine Besserung zu erreichen"

SPD-Wehrexperte Rainer Arnold betonte die Notwendigkeit, „weiterhin Druck auf die afghanische Regierung auszuüben, durch bessere Regierungsführung endlich Vertrauen in der eigenen Bevölkerung zu gewinnen“. Allein mit mehr Militär sei eine Verbesserung der Lage nicht zu erreichen. Einem verstärkten deutschen Engagement erteilte er eine Absage „Deutschland ist und war immer ein verlässlicher Partner. Deshalb sind jetzt andere gefragt, Trumps Strategie zu unterstützen.“

Die Grünen befürchten, dass die USA zu einer weiteren Eskalation in Afghanistan beitragen werden. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Agnieszka Brugger, warf Trump vor, er folge "blind der fatalen Logik von mehr Militär und Gewalt". Seine Vorstellung von einem militärischen Sieg sei gefährlich und naiv. "Er hat keine Strategie für die Bearbeitung der Konfliktursachen und den Staatsaufbau. Stattdessen will er zurück zu den falschen Antworten der Vergangenheit, die den Menschen in Afghanistan weder Frieden noch Sicherheit gebracht haben." So drohe sich die Gewaltspirale und Radikalisierung zu verschärfen. An einer solchen Eskalation der Situation in Afghanistan dürfe sich die Bundesregierung auf keinen Fall beteiligen. "Die Verteidigungsministerin muss hier eine klare Haltung zeigen statt der riskanten Außenpolitik des US-Präsidenten weiter hinterherzulaufen.“

Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour warnte, Pakistan öffentlich an den Pranger zu stellen und gleichzeitig Indien zu mehr Engagement zu ermutigen, „das ist Kerosin auf das Feuer in Afghanistan“. Es stärke die disruptiven Kräfte im pakistanischen Sicherheitsapparat und schwäche die zivile Führung des Landes. „Und die Angst vor Indien wird dazu führen, dass Pakistan in Afghanistan noch unberechenbarer agiert.“ Trump hatte in seiner Rede Pakistan scharf angegriffen. Das Land sei ein Rückzugsraum für Terrororganisationen, die Taliban und andere Gruppen. Dazu könnten die USA nicht länger schweigen.

Linkenpolitiker Alexander S. Neu sieht bei Trump eine 180-Grad-Kehrtwende in der Außenpolitik. "Vom Anti-Interventionisten zum Interventionisten." Die Aufstockung in Afghanistan bedeute die Fortsetzung "eines nicht-gewinnbaren Krieges". Neu plädierte für einen Komplettabzug deutscher Soldaten: "Bundeswehr raus aus Afghanistan."

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