Russland-Kredit: Le Pens Millionen-Deal wird zum Albtraum
Ein russischer Kredit hat die Rechtspopulistin 2014 vor dem Bankrott gerettet. Jetzt ist Moskaus Großzügigkeit zu Ende. Die Schuld muss beglichen werden.
Die Rechtsextremistin Marine Le Pen will 2022 noch einmal versuchen, Präsidentin Frankreichs zu werden. Doch sie hat ein Problem: Sie braucht dringend Geld. Finanzielle Engpässe begleiten ihre Partei Rassemblement national (RN) schon lange, aktuell soll sie nach Recherchen der Zeitung „Le Figaro“ zwischen 20 und 25 Millionen Euro Schulden haben. Französische und westeuropäische Banken mögen ihr nichts leihen, ihr Vater Jean-Marie Le Pen will nichts mehr geben und auch russische Geldgeber werden wohl nicht noch einmal einspringen.
Le Pen hatte 2014 von der in Prag niedergelassenen First Czech-Russian Bank einen Kredit in Höhe von neun Millionen Euro erhalten. In Frankreich war dieser Deal von den Gegnern Le Pens kritisiert worden: der Kreml habe sich in die französische Politik eingekauft. Im Dunstkreis dieser Bank war nämlich nach Recherchen russischer Journalisten auch der Milliardär und Bauunternehmer Gen- nadi Timtschenko aufgetaucht, der als enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt. Die Bank ging dennoch zwei Jahre später in die Insolvenz – weil das Eigenkapital verschwunden war. Zuvor hatte die Bank Le Pens Millionen-Kredit aber noch an dubiose Gläubiger verkauft. Die ziehen jetzt vor Gericht, um die Politikerin zur Rückzahlung zu zwingen.
Diese Entwicklung komme einigermaßen unerwartet, kommentierte das Moskauer Internet-Portal „Obozrevatel“ kürzlich. Die „Romanze“ zwischen Putin und Le Pen sei wohl vorüber, mutmaßt der Kommentator. Im Kreml, so schreibt „Obozrevatel“ sei man wohl zu der Ansicht gelangt, dass „Madam ihr Potenzial ausgeschöpft habe“. Vor sechs Jahren – kurz nach der russischen Annektion der Krim und der Beteiligung Moskaus am Krieg in der Ostukraine – habe Putin nach Verbündeten im Westen gesucht und nicht nur in Frankreich Kontakt zur politischen Rechten aufgenommen. Nur einen Monat vor der Präsidentschaftswahl 2017 hatte Putin Le Pen demonstrativ zu einem persönlichen Gespräch empfangen. Die rechtsextreme Politikerin schaffte es dann immerhin in die Stichwahl gegen Emmanuel Macron, gegen den sie dann verlor.
Dubiose Gläubiger
Die nächsten Wahlen in Frankreich stehen schon bald an, im März wird über die Zusammensetzung der Kommunalparlamente abgestimmt. Le Pen hat angekündigt, sie werde einen Spendenaufruf starten, um ihre Kampagne zu finanzieren. Vor einem Jahr waren nach einem ähnlichen Aufruf rund vier Millionen Euro zusammengekommen. Das Geld, das jetzt mit dem neuen Anlauf gesammelt werden kann, soll vollständig in den Wahlkampf fließen. Die Mittel für die Rückzahlung des Russland-Kredits müsste also aus einer anderen Quelle kommen. Die Zeit drängt, denn die Justiz will den Fall Le Pen Anfang Juni in Moskau verhandeln.
Der Gläubiger ist eine Firma namens „Aviasaptchast“. Es handelt sich dabei um eine in den 90er Jahren privatisierte staatliche Außenhandelsgesellschaft, die – wie es der Name sagt – mit Flugzeugersatzteilen handelt. In sowjetischen Zeiten wickelte sie ihre Geschäfte vor allem in Asien und Afrika ab. Inzwischen scheint „Aviasaptchast“ zu einem Auffangbecken für pensionierte Diplomaten, Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes und deren Angehörige geworden zu sein, schrieb die investigative Plattform „Otkrytye Media“.
Die Situation für Marine Le Pen wird dadurch noch verschärft, dass nicht nur die russischen Gläubiger Geld sehen wollen. Auch Jean-Marie Le Pen, der Gründer der Rechtspartei, will seine Konten bereinigt sehen. Trotz der ewigen Streitereien zwischen Vater und Tochter, hatte der 91-Jährige immer noch als Finanzier bereitgestanden. Doch jetzt will er ausgezahlt werden. Er fordert über seine Finanzstiftung Cotelec vier Millionen Euro von der Partei. Für die Kampagne zur Präsidentschaftswahl 2017 hatte Marine Le Pen noch sechs Millionen Euro von Cotelec erhalten, das war die Hälfte ihres Budgets. Die Geldsorgen haben schon dazu geführt, dass die RN-Kandidaten ihren Wahlkampf selbst bezahlen müssen. Aus der Zentrale kommt erst einmal nichts.