Russland-Sanktionen: Lawrow wirft Westen Planung von "Regimewechsel" vor
Russlands Außenminister Sergej Lawrow dreht in der Ukraine-Krise rhetorisch an der Eskalations-Spirale: Er wirft dem Westen vor, über die Sanktionen einen "Regimewechsel" in Russland erreichen zu wollen.
Noch am vergangenen Wochenende hatte Wladimir Putin in einem ARD-Interview über „zwei Wellen der Nato-Erweiterung“ geklagt, die „den geopolitischen Raum erheblich“ verändert hätten. Zudem warnte Russlands Präsident den Westen eindringlich vor den Folgen der EU-Sanktionen gegen sein Land. Jetzt legte der russische Außenminister Sergej Lawrow nach – und befasste sich mit den Folgen der Sanktionen im eigenen Land. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP warf Lawrow der westlichen Staatengemeinschaft vor, durch die Anti-Russland-Sanktionen einen „Regimewechsel“ in Moskau herbeiführen zu wollen.
„Der Westen hat unzweideutig gezeigt, dass er Russland nicht zwingen will, die Politik zu ändern, sondern dass er einen Regimewechsel will“, sagte Lawrow demnach auf einer Sitzung des nationalen Rats für Außen- und Sicherheitspolitik in Moskau. Mit dem Begriff des „Regimewechsels“ hat Lawrow bewusst Erinnerungen an die US-Außenpolitik im Nahen und Mittleren Osten in der jüngeren Vergangenheit wachgerufen: Vor dem Beginn des letzten Irak-Krieges im Jahr 2003 hatte der damalige US-Präsident George W. Bush keinen Zweifel daran gelassen, dass er den Diktator Saddam Hussein im Irak stürzen wolle.
Lawrow: Sanktionen treffen die breite Bevölkerung
Zudem zeigen die Äußerungen Lawrows, dass die Zeichen in der Ukraine Krise – den jüngsten Vermittlungsbemühungen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum Trotz – eher auf Eskalation stehen. Lawrow wurde von der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass am Samstag auch mit den Worten zitiert, dass einige Politiker im Westen die Auffassung verträten, der zufolge die gegen Moskau verhängten Sanktionen den Zweck hätten, die Wirtschaft Russlands zu zerstören und Protestaktionen in der Öffentlichkeit zu provozieren.
Wie Lawrow weiter ausführte, unterschieden sich die gegen Russland verhängten Sanktionen grundlegend von den Strafmaßnahmen gegen den Iran und Nordkorea, die nur die Führungszirkel und nicht die breite Bevölkerung treffen sollten.
Moskaus Außenminister sendet doppelte Botschaft an EU
Zudem sandte Lawrow eine doppelte Botschaft an die EU-Staaten aus. Niemand habe vor, "sich ins Bein zu schießen" und die Zusammenarbeit mit Europa einzustellen, sagte der Chefdiplomat. Zugleich sei allen Beteiligten klar, dass ein 'business as usual' nicht länger möglich sei. Russland arbeite auf eine Freihandelszone zwischen der EU und der von Russland dominierten Zollunion mehrerer Ex-Sowjetrepubliken hin, sagte Lawrow. Einen Vorschlag dazu wolle er bei der Sitzung der OSZE-Außenminister Anfang Dezember in Basel präsentieren. Bundesaußenminister Steinmeier (SPD) habe während seines jüngsten Moskau-Besuchs vorgeschlagen, einen Dialog zwischen der EU und der Eurasischen Wirtschaftsunion zu beginnen, sagte Lawrow.
Ukraine erhält US-Kriegsausrüstung für Kampf gegen Separatisten
Unterdessen erhält die ukrainische Armee für ihren Kampf gegen prorussische Separatisten Kriegsgerät aus den USA. Washington liefere dem krisengeschüttelten Land unter anderem Radareinrichtungen zur Artillerieaufklärung sowie Nachtsichtgeräte und Schutzwesten, berichteten Medien am Samstag in Kiew. Einen Teil der Ausrüstung habe US-Vizepräsident Joe Biden bei seinem Besuch in der früheren Sowjetrepublik am Freitag übergeben, hieß es. Die Ukraine hatte den Westen um Kriegsgerät für die Gefechte gegen die Aufständischen im Osten des Landes gebeten. Die Nato lehnt die Lieferung von Waffen und Munition ab.
In der Krisenregion Donbass kam es trotz einer offiziellen Waffenruhe erneut zu Kämpfen zwischen Regierungseinheiten und Rebellen. Dabei seien innerhalb von 24 Stunden mindestens vier Soldaten getötet worden, teilte die prowestliche Führung in Kiew mit. Zehn Armeeangehörige wurden zudem verletzt. Der Sicherheitsrat der Regierung warf Russland erneut vor, mit tausenden Soldaten die Lage im Osten zu destabilisieren. Moskau weist solche Anschuldigungen stets zurück. (mit dpa)