zum Hauptinhalt
Hauptärgernis für Patienten: die langen Wartezeiten.
© picture alliance / dpa

Medizinische Versorgung: Landbewohner fühlen sich abgehängt

Auf dem Land ist jeder Vierte unzufrieden mit der medizinischen Versorgung, unter Stadtbewohnern nur jeder Achte. Das Hauptärgernis: Wartezeiten.

Um Defiziten im Gesundheitssystem auf die Spur zu kommen, sollte man hierzulande tunlichst zwischen zwei Bevölkerungsgruppen unterscheiden: den Stadtbewohnern und Menschen abseits der Ballungszentren. Das belegt eine aktuelle Studie im Auftrag des Ersatzkassenverbandes VdEK. Ihr schöner Gesamtbefund, dass 85 Prozent der Befragten hochzufrieden sind, relativiert sich bei näherem Hinsehen nämlich durch ein immenses Stadt-Land-Gefälle.

Von den gesetzlich Versicherten aus städtischen Regionen haben nur zwölf Prozent was zu meckern. Bei den Kassenpatienten auf dem Land dagegen ist jeder Vierte unzufrieden mit der medizinischen Versorgung.

59 Prozent klagen über zu langes Warten auf den Facharzt

Am meisten ärgern sich Landbewohner über die Wartezeiten auf Facharzttermine. 59 Prozent hadern damit, wie die Forsa-Umfrage ergab. 33 Prozent äußerten sich sogar „sehr unzufrieden“. In der Stadtbevölkerung liegt die Quote der besonders Unzufriedenen lediglich bei 18 Prozent. Während in den Ballungszentren 82 Prozent der Befragten das Angebot an Fachärzten ausreichend finden, sind es in strukturschwachen Regionen gerade mal 47 Prozent. Und über fehlende Kliniken beklagen sich nur sieben Prozent der städtischen, aber 30 Prozent der ländlichen Bevölkerung.

Pauschalbefunde führen also in der Debatte um die so genannte „Zwei-Klassen-Medizin“, die derzeit auch die Koalitionsverhandler umtreibt, nicht weiter. Allerdings scheint das Wartezeiten-Problem für die Patienten mit Abstand am dringlichsten. Bei der Frage, womit sie bei Haus- oder Facharzt nicht zufrieden waren, wurden zuvorderst drei Ärgernisse genannt: die Wartezeit in der Praxis, die Wartezeit auf Termine und die geringe Zeit, die sich Mediziner für ihre Kranken nehmen.

Kassen wollen Druck auf Ärzte erhöhen

Das eigentliche Problem seien die Wartezeiten, nicht die medizinische Behandlung, resümierte denn auch die Vorstandschefin des Kassenverbandes, Ulrike Elsner. Zusätzliches Ärztehonorar „nach dem Gießkannenprinzip“ helfe hier nicht weiter. Stattdessen sei es nötig, den Druck auf die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zu erhöhen. So sei bisher nur jedem zweiten Versicherten bekannt, dass man sich bei Problemen bei der Vergabe von Facharztterminen an deren Terminservicestellen wenden kann. Und erst im Dezember hätten Testanrufe der Patientenbeauftragten ergeben, dass diese Stellen teilweise gar nicht erreichbar seien.

„Wenn die KVen ihrem Sicherstellungsauftrag hier nicht nachkommen, muss gesetzgeberisch nachgeschärft werden“, sagte Elsner. Ärzte müssten verpflichtet werden, den Servicestellen freie Termine zu melden. Wenn dort nicht genug Kapazitäten vorgehalten würden, dürften „Honorarkürzungen kein Tabu sein“.

Mehr Sprechzeit pro Woche nötig?

Zu hinterfragen sei auch, ob es zur Terminvermittlung unbedingt einer Überweisung des Hausarztes bedürfe. Und die Vorschrift, dass Vollzeit-Kassenärzte nur 20 Stunden Sprechzeit pro Woche anbieten müssen, gehöre ebenfalls auf den Prüfstand.

Beifall zollte der VdEK den Sondierern von Union und SPD für den Beschluss, die Kassenbeiträge wieder zur Hälfte von den Arbeitgebern mitbezahlen zu lassen. Die Versicherten würden dadurch im Jahr um nahezu sieben Milliarden Euro entlastet, sagte der ehrenamtliche Verbandsvorsitzende Uwe Klemens. Entsprechend hatten bei der Forsa-Umfrage auch nur zwei Prozent für ein „Weiter so“ bei den Zusatzbeiträgen plädiert.

Zur Startseite