Nach Gutachten des Bundestags: Lambrecht sieht in Ausbildung ukrainischer Soldaten keine Kriegsbeteiligung
Deutschland will bei der Ausbildung ukrainischer Soldaten mitwirken. Laut Forschern könnte dies als Kriegseintritt gewertet werden. Lambrecht widerspricht dem.
Die Ausbildung ukrainischer Soldaten an westlichen Waffen auf deutschem Boden kann Wissenschaftlern zufolge völkerrechtlich eine Kriegsbeteiligung durch den Westen darstellen. Das geht aus einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags hervor, wie die RND-Zeitungen am Montag berichteten.
Demnach bestehe bei den Wissenschaftlern Konsens darüber, dass westliche Waffenlieferungen völkerrechtlich nicht als Kriegseintritt gelten - solange es keine Beteiligung an Kampfhandlungen gebe.
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"Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei beziehungsweise Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen."
Der Rechtsstatus der "Nichtkriegsführung" habe in der Völkerrechtspraxis die "traditionelle Neutralität" in den vergangenen Jahrzehnten ersetzt, um eine Unterstützung von angegriffenen Staaten - wie derzeit die Ukraine - mit Waffenlieferungen und Geld zu ermöglichen, schrieben die Experten dem Bericht zufolge weiter.
Das zwölfseitige Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, der die Bundestagsabgeordneten neutral beraten soll, trägt den Titel "Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch Nato-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme".
Es wurde demnach im März erstellt, also vor dem Beschluss von Bundesregierung und Bundestag, deutsche Panzer direkt an die Ukraine zu liefern und zugleich ukrainische Soldaten an westlichen Waffen auszubilden.
Bundesregierung sieht keinen Kriegseintritt
Nach eigener Ansicht überschreitet die Bundesregierung mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten an westlichen Waffensystemen jedoch keine rote Linie zum Kriegseintritt.
"Unsere Überzeugung ist, dass auch die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland an Waffensystemen weiterhin keinen Kriegseintritt bedeutet", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin.
Weiter sagte Hebestreit, wenn man schon mit dem Völkerrecht argumentiere, müsse man auch festhalten, dass der Überfall Russlands auf die Ukraine dem Völkerrecht widerspreche. Die westlichen Staaten sehen ihre Militärhilfe als Beitrag zur Selbstverteidigung der Ukrainer.
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Auch Verteidigungsministerin Christine Lambrecht widersprach dem Gutachten. Sie teile diese Einschätzung nicht, sagte die SPD-Politikerin nach einem Truppenbesuch in Wunstorf bei Hannover. „Ich gehe davon aus, dass weder diese Ausbildung dazu führt noch die Lieferung von Waffen, sondern wenn wir Soldatinnen und Soldaten entsenden würden in die Ukraine, das wäre ein ganz klares Zeichen. Das werden wir aber auch nicht tun. Das wird nicht geschehen.“
Am Dienstag hatte sie bei einer Militärkonferenz in Ramstein mitgeteilt, Deutschland werde sich stärker bei der Ausbildung ukrainischer Truppen an Artilleriesystemen auf deutschem Boden engagieren.
Das US-Verteidigungsministerium hatte am Freitag erklärt, dass ukrainische Soldaten bereits an Waffensystemen ausgebildet würden. Das Training finde auf US-Militär-Stützpunkten in Deutschland in Absprache mit der Bundesregierung statt, die bei der Koordinierung und Organisation helfe.
Die Linke im Bundestag kritisierte dies als deutschen Eintritt in den Ukraine-Krieg. "Die Ampel-Koalition und die Union haben Deutschland mit ihrem Bundestagsbeschluss, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern und darüber hinaus auch ukrainische Soldaten 'in Deutschland oder auf Nato-Gebiet' auszubilden, zur aktiven Kriegspartei gemacht", sagte die Linken-Obfrau im Verteidigungsausschuss, Zaklin Nastic, dem RND.
"Die Bundesregierung setzt ganz Europa einer völlig unkontrollierbaren Gefahr aus", sagte sie weiter (AFP/Reuters)