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Politik: Kurz und bündig: Fritz Rene Allemann: Bonn ist nicht Weimar

Das Wort hat sich längst verselbstständigt und seine Herkunft abgeschüttelt. Dass es ein Buch war, als dessen Titel es in die Öffentlichkeit trat - noch früher war es ein Zeitschriften-Aufsatz im "Monat" -, ist vergessen.

Das Wort hat sich längst verselbstständigt und seine Herkunft abgeschüttelt. Dass es ein Buch war, als dessen Titel es in die Öffentlichkeit trat - noch früher war es ein Zeitschriften-Aufsatz im "Monat" -, ist vergessen. Zu Unrecht, denn der Schweizer Journalist Fritz René Allemann hat mit "Bonn ist nicht Weimar" nicht nur eine Formel gefunden, der sogleich Flügel wuchsen, die sie bis zum heutigen Tage durch die zeithistorischen Debatten tragen. Der sprachliche Glücksgriff war die pointierte Abbreviatur einer vorzüglichen Analyse der Bundesrepublik in der Mitte der fünfziger Jahre. Sie beschreibt unaufgeregt und überzeugend den jungen Staat in seinem noch nicht ganz gefestigten Aggregatzustand. Natürlich ist die Durchmusterung von Außen- und Innenpolitik, die Allemann vornimmt, heute Geschichte, aber das Buch wirkt dennoch erstaunlich ungealtert. Es erspürt klar den tiefen Ernüchterungsprozess, der den Grund der Nachkriegsgeschichte bildet, ist in seinem diagnostischen Zugriff der Zeit weit voraus, und nur der Umstand, dass es in der Teilung des Landes einen Grund für eine anhaltende Labilität der Bundesrepublik vermutet, lässt erkennen, dass Allemann sich nicht vorstellen konnte, was wir ein halbes Jahrhundert später wissen: Dass der Weg der Bundesrepublik von der nationalstaatlichen Seite nicht bedroht wurde.

Rdh.

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