Politikwissenschaft: Kurt Sontheimer gestorben
Professor Kurt Sontheimer, einer der renommiertesten Politikwissenschaftler Deutschlands, ist am Pfingstmontag in Murnau gestorben. Er erlag im Alter von 76 Jahren im Krankenhaus einer kurzen Krankheit.
Murnau/München (16.05.2005, 17:24 Uhr) - Dies teilte sein Sohn Michael Sontheimer mit. Wissenschaftler und Politiker würdigten sein politisches Engagement und seine Unabhängigkeit. Kurt Sontheimer hatte weit über die Grenzen seines Faches hinaus im In- und Ausland Resonanz gefunden. Als sein bedeutendstes Werk gilt das Buch «Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik», in dem er sich mit der Rolle der damaligen geistigen Eliten auseinander setzt.
Der Soziologe und Philosoph Jürgen Habermas charakterisierte Sontheimer als einen «liebenswürdigen, prinzipienfesten und engagierten Geist». «Er hat die politische Entwicklung der Bundesrepublik wachsam und mit klugen Kommentaren begleitet», sagte Habermas der dpa in München. Sontheimer habe diese Entwicklung als ein überzeugter Liberaler gegen alle Kritiker verteidigt.
Sontheimer, der seit den 60er Jahren SPD-Mitglied war, gehörte zu den Begründern des Faches Politikwissenschaft an deutschen Universitäten. Von 1962 an lehrte er am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. 1969 wechselte er an das Geschwister-Scholl- Institut in München. In einem spektakulären «Professorenstreit», der 1993 mit seiner vorzeitigen Emeritierung endete, warf er der Leitung des Instituts Mangel an akademischem Ethos vor. Danach ging er nach Paris und lehrte am Alfred-Grosser-Lehrstuhl am Institut für politische Wissenschaften.
Als «engagierten Verfechter hoher Qualität in Forschung und Lehre» würdigte Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) den gestorbenen Politikwissenschafter. «Die Unabhängigkeit seiner Argumentation sicherte ihm zu Recht hohen Respekt von allen Seiten», sagte Goppel. Sontheimer habe das Münchner Geschwister-Scholl- Institut und die Politikwissenschaft in Deutschland von Bayern aus entscheidend geprägt. Auch Bayerns SPD-Fraktionschef Franz Maget reagierte tief betroffen. Sontheimer habe einen unschätzbaren Beitrag zum Aufbau und zur Festigung der Demokratie im Nachkriegsdeutschland geleistet.
Sontheimer war als aktiver Christ jahrzehntelang Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Von 1996 bis 1999 leitete er außerdem den Politischen Club der Evangelischen Akademie Tutzing. (tso)
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