Wulff-Nachfolger: Kubicki: "Joachim Gauck wäre der richtige Kandidat"
Wolfgang Kubicki ist FDP-Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein. Er spricht im Interview mit Tagesspiegel Online über einen Nachfolger Wulffs, die Fehler des zurückgetretenen Bundespräsidenten und die Versäumnisse der Kanzlerin.
Herr Kubicki, ist die Entscheidung von Christian Wulff zurückzutreten richtig?
Das ist nur konsequent, denn einen Bundespräsidenten, der in ein Strafermittlungsverfahren verstrickt ist, kann sich Deutschland nicht leisten..
Kam der Schritt von Wulff zu spät?
Es wäre auf jeden Fall besser gewesen, wenn es gar nicht erst soweit gekommen wäre. Er selbst hätte sich, seiner Familie und auch dem Amt einen großen Gefallen getan, wenn er diese Entscheidung schon am Ende des vergangenen Jahres getroffen hätte und nicht erstmal seinen Pressesprecher Olaf Glaeseker vorgeschickt hätte.
Hat Angela Merkel zu lang an ihm festgehalten?
Sie konnte ihn nicht zum Rücktritt auffordern, und damit blieb ihr wohl nichts anderes übrig als sich zurückzuhalten. Aber ich hätte mir auch da gewünscht, wenn sie am Ende des Jahres das Gespräch mit Christian Wulff gesucht hätte, um ihn zu überzeugen, dass es besser für ihn, seine Familie und das Amt wäre, wenn er zurückträte.
Wie geht es jetzt weiter? Haben Sie einen Nachfolger im Auge?
Es geht jetzt darum, nicht den Eindruck entstehen zu lassen, dass um Posten geschachert wird. Wir brauchen jemanden, der Vertrauen gewinnt und die Menschen wieder an das Amt des Bundespräsidenten heranführen kann.
Wer soll das sein?
Joachim Gauck wäre so ein Kandidat. Er hatte auch vor zwei Jahren schon sehr stark in das Lager der Koalition hinein gestrahlt. Er ist eine beeindruckende Persönlichkeit und könnte rasch Vertrauen zurückgewinnen. Ich hätte kein Problem damit, ihn zu wählen. Die Frage ist nur, ob er will.
Und wenn nicht? Sehen Sie Alternativen?
Im Moment nicht. Es darf jetzt auf keinen Fall eine Verlegenheitslösung geben, die den Reputationsverlust des Amtes weiter verstärken würde. Über das Wochenende müssen wir einen Kandidaten finden.
War Wulff eine Verlegenheitslösung?
Nein. Wir waren alle der Auffassung, dass er für das Amt geeignet ist. Nur konnte er die hohen Ansprüche, die er selbst erhoben hat, am Ende des Jahres nicht mehr erfüllen.
Wer könnte Wulff nachfolgen? Eine Bildergalerie:
Würden Sie auch einen Mann oder eine Frau mit SPD-Parteibuch wählen?
Es geht bei der Bundespräsidentenwahl nicht um Parteipolitik. Ich habe beispielsweise damals auch für Johannes Rau gestimmt. Es kommt darauf an, dass es jemand ist, der eine breite Mehrheit in der Bevölkerung hinter sich weiß - und wenn diese Person von der SPD wäre, hätte ich damit kein Problem.
Sind Sie froh, dass das Thema Wulff jetzt vorbei ist?
Und wie. Wir haben hier in Schleswig-Holstein Wahlkampf Wahlkampf und auf wirklich jeder Veranstaltung war spätestens die zweite Frage: "Wie halten Sie es denn mit dem Fall Wulff" - und das ging mir langsam wirklich auf die Nerven.
Wolfgang Kubicki ist Fraktionschef der Liberalen im schleswig-holsteinischen Landtag und Spitzenkandidat der Liberalen für die Landtagswahl am 6. Mai. Mit ihm sprach Christian Tretbar.